Gefeiertes Familiendrama: „Die unerschütterliche Liebe der Suzanne“

Als die 17 Jahre alte Suzanne (Sara Forestier) ihrem Vater (François Damiens) eröffnet, dass sie schwanger ist, müsste seine erste Frage lauten: „Von wem?“ Aber Vater Nicolas will von ihr etwas anderes wissen: „Warum?“ Ihre Antwort ist bezeichnend: „Weil ich Lust dazu hatte.“ Aber die Entgegnung ist nicht wichtiger als die Frage. Denn Suzannes Schwangerschaft ist für die Familie Merevsky zuerst einmal eine innere Angelegenheit: Ist sie eine Geste der Auflehnung, vielleicht sogar des Verrats, kündigt sie einen Bruch an? Natürlich hakt Nicolas sogleich nach, ob das Kind einen Vater hat. Aber er gibt sich schnell zufrieden mit dem entschiedenen Nein seiner Tochter.

Bis zu diesem Augenblick sind die Merevskys eine verschworene Gemeinschaft. Die Mutter ist vor einigen Jahren gestorben, und der alleinerziehende Vater, der als Fernfahrer oft abwesend sein muss, scheint reichlich überfordert. An Liebe lässt er es Suzanne und ihrer Schwester Maria (Adèle Haenel) jedoch nicht fehlen. Sie wachsen behütet auf; auch Enkel Charlie wird seinen festen Platz in dieser Verbundenheit erhalten. Allerdings ist Suzannes Schwangerschaft gewissermaßen nur ein Warnschuss. Als sie den Tunichtgut Julien (Paul Hamy) kennenlernt, erfüllen sich ihre Träume von Abenteuer und Ferne. Sie trifft eine jener Entscheidungen, die man aus Trägheit oder Vernunft meist scheut: Sie folgt ihm in eine ungewisse Zukunft und lässt ihre Familie zurück. Es beginnt „Die unerschütterliche Liebe der Suzanne“.

Und dennoch ist der Originaltitel „Suzanne“ und der deutsche Verleihtitel ungerecht. Denn der Vater und die Schwester (Haenel gewann einen César als beste Nachwuchsschauspielerin) sind keine Nebenfiguren, sondern gewinnen ihre eigene soziale Kontur und emotionale Vielschichtigkeit. Regisseurin Katell Quillévéré macht die Zuschauer zu ungeduldigen, träumenden Mitautoren ihres Drehbuchs.

++++- „Die unerschütterliche Liebe der Suzanne“ Frankreich 2013, 94 Min., ab 16 J., R: Katell Quillévéré, D: Sara Forestier, François Damiens, Adèle Haenel, täglich im 3001-Kino (OmU), Holi, Studio-Kino; www.arsenalfilm.de/suzanne/index.htm