Die ARD dreht Szenen für den Festtags-Zweiteiler „Till Eulenspiegel“ im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Jacob Matschenz spielt die Hauptrolle

Rosengarten. Weihnachten steht vor der Tür. Die Vorbereitungen laufen jedenfalls schon auf Hochtouren. Zum Beispiel im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Dort wurden bis vor wenigen Tagen noch Szenen für einen Fernsehfilm gedreht, der an den Festtagen gesendet werden soll. Weihnachten wird Till Eulenspiegel wieder einmal durchs Fernsehen irrlichtern. Die ARD bereitet einen neuen Zweiteiler über den alten Narren im Rahmen der populären Märchenreihe vor.

Jacob Matschenz macht das ganz galant. In der knalligen Mittagssonne kommt er mit seiner jungen Kollegin Jule Hermann den staubigen Weg entlang. Gegen die gleißende Sonne schützt er ihr Make-up mit einem roten Regen- beziehungsweise Sonnenschirm, der so gar nicht zu dem ansonsten historischen Ambiente passen will. Wenig später kommt auch noch Anna Bederke dazu, die Jules Mutter Kathrin und Tills Ex-Freundin spielt. Sie stellen sich zum klassischen mittelalterlichen Familienfoto auf und wirken froh – zumindest in der Pause. Das in einem Volksbuch überlieferte Leben des Eulenspiegel war aber keineswegs nur Sonnenschein – wenn er es denn je gelebt hat. Er soll um 1300 geboren worden sein und 1350 in Mölln gestorben. Sicher ist das nicht, aber die Geschichte hält sich hartnäckig.

Dass der Stoff womöglich reine Fiktion ist, ähnlich wie die Geschichte seines „Kollegen“, des Rattenfängers von Hameln, hat zahlreiche Städte nicht davon abgehalten, auf den touristischen Wert des Rebellen zu setzen. In Mölln gibt es ein Eulenspiegel-Museum und einen Gedenkstein an der Nicolaikirche. Andere Kommunen werben mit nach ihm benannten Brunnen, Denkmälern, Straßen und Fastnachts-Orden. Das Finanzministerium spendierte dem Narren 2011 sogar eine Zehn-Euro-Gedenkmünze.

Der neue Film-Till ist viel in Deutschland und Europa unterwegs, um Streiche zu spielen, und Respektlosigkeit zu demonstrieren. Er gilt zwar als Narr, aber als einer, der klüger ist als viele seiner Mitmenschen, und ihnen das auch vorführt. Beliebt macht er sich damit natürlich nicht. Der Bürgermeister von Lübeck wirft in diesem Film Kathrin ins Gefängnis. Till, eigentlich ein Hallodri, eilt herbei und kümmert sich um ihre Tochter. Mit dabei sind bei diesem Film auch noch Devid Striesow, Peter Jordan und Peter Heinrich Brix.

„Till war ein Egomane mit einer narzisstischen Störung“, sagt Jacob Matschenz über seine Rolle als Schelm und legt sie damit sozusagen auf die Couch des Analytikers. Eulenspiegel habe einfach keine Verantwortung übernehmen wollen und habe sich, wenn es brenzlig für ihn wurde, gern mal einen schlanken Fuß gemacht. Möglicherweise wird das in diesem Film etwas anders.

„Eulenspiegel war ein mittelalterlicher Rockstar“, sagt Regisseur Christian Theede. „Er hat stets Grenzen überschritten. Dafür wurde er geliebt und gehasst.“ Er verspricht eine aufwendige Verfilmung mit Massenszenen auf Marktplätzen, mit Seiltanz, Tieren und Special Effects. Gedreht wurde auch in den Freilichtmuseen Volksdorf und Molfsee, in Lüneburg und Quedlinburg.

Die Eulenspiegel-Geschichte ist häufig verfilmt worden. Ob Theede mit dem Aufwand in seiner Version an die sowjetische „Legenda o Tile“ aus dem Jahr 1976 heranreicht, darf bezweifelt werden. Dafür arbeitete man mit 5000 Komparsen, 300 Reitern und zwölf nachgebauten Koggen. Auch die DDR leistete sich eine Verfilmung der Geschichte des kritischen Narren. Winfried Glatzeder, der zurzeit im Ernst Deutsch Theater in der Komödie „Toutou“ zu sehen ist, spielte 1975 die Hauptrolle in Rainer Simons Defa-Film, in dem Michael Gwisdek in einer Nebenrolle zu sehen ist.

Theede will seiner historischen Geschichte auch moderne Untertöne mit auf den Weg geben. Till, Kathrin und Marie verkörpern im Grunde eine Patchworkfamilie. Heimlich still und leise haben sich die Märchenfilme zu Publikumserfolgen gemausert. Seit 2008 hat die ARD mehr als 25 dieser Stoffe verfilmt. Der Regisseur nennt Gründe für den Erfolg: „Es sind fantasievolle Stoffe, sie gehen meist gut aus. Deutsche Geschichten liegen im Trend, und sie erfüllen das Bedürfnis nach einer heilen Welt.“ Dazu sind sie meist mit bekannten Schauspielern besetzt. Man mag vielleicht zunächst besonders an das junge Publikum gedacht haben, aber es hat sich herausgestellt, dass 70 Prozent der Zuschauer Erwachsene sind.

Theede gilt als Märchenspezialist. „Till Eulenspiegel“ ist seine sechste Arbeit dieser Art, auch wenn es sich nicht um eine Grimm-Verfilmung handelt, denn die Narrengeschichte basiert auf einem Volksbuch. Vorher drehte der Regisseur bereits „Vom Fischer und seiner Frau“, „Allerleirauh“, „Der Meisterdieb“, „Das tapfere Schneiderlein“ und „Der gestiefelte Kater“. Letzteren auch mit Matschenz in der Hauptrolle. Der blickt daher auch gelassen auf das neue und vertraute Arbeitsverhältnis zu seinem Regisseur und sagt lakonisch: „Man kennt seine Macken.“

Aber Theede kann auch anders. Mit Till (!) Franzen, seinem Kollegen aus der Heimatstadt Flensburg, hat er früher zahlreiche Super-8-Filme gedreht. Im vergangenen Jahr brachte er die schräge Operetten-Neuverfilmung „Im weißen Rössl – Wehe, du singst!“ ins Kino. Im Herbst will er einen düsteren Psychothriller in den Bergen drehen. „Till Eulenspiegel“ wird am 1. und 2. Weihnachtstag gesendet.