Das Jugenddrama „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ rührt dank Shailene Woodley

Zugegeben. So manche Träne lässt sich nicht vermeiden, angesichts dieser überraschend unverhohlen melodramatischen Liebesgeschichte. Und würde man die Güte des Films mit dem Feuchtigkeitsgrad gezückter Taschentücher bemessen, dann könnte „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ wohl sogar die volle Punktzahl erreichen. Doch es ist nun mal ein schmaler Grat, zwischen ehrlich erworbenen Emotionen und manipulativen Sentimentalitäten; ein Grat, auf dem der Regisseur Josh Boone nun wahrlich nicht immer galant balanciert: Auf jedes beherzte Mitgeschluchze folgt hier garantiert ein Moment, in dem man sich vor lauter Fremdscham ein kleines bisschen tiefer in den Kinosessel vergräbt.

Es geht hier so züchtig zu wie in „Twilight“bei Bella und Edward

Im Zentrum dieser Liebesgeschichte steht ein junges und sehr hübsches, jedoch an Schilddrüsenkrebs erkranktes Mädchen namens Hazel. Es grenze an ein Wunder, heißt es, dass sie es überhaupt bis zu ihrem 16. Geburtstag geschafft habe. Das Kreuz, das sie zu tragen hat, schleppt sie jedenfalls stets auch symbolträchtig in Form einer überlebensnotwendigen Sauerstoffflasche hinter sich her. Doch Hazels zweiter Vorname lautet Grace. Womit annonciert wäre, dass sie ihrem Schicksal mit Anmut die Stirn bieten wird. Auch als sie gegen ihren Willen in eine Selbsthilfegruppe gedrängt wird, von Laura Dern als Hazels stets nervös besorgter, doch fast schon pathologisch zweckoptimistischer Mutter. Dort trifft Hazel dann schließlich auf Gus, einen ansteckend gut gelaunten Jungen mit rebellischem Charme, auch wenn ihm aufgrund eines Knochentumors bereits das untere rechte Bein amputiert werden musste. Es folgt die zögerliche Annäherung der zwei, ein allererstes Händchenhalten – was dankenswerterweise alles nicht mehrere Filme lang dauert, wie bei Bella und Edward in ihrer „Twilight“-Romanze. Mindestens genauso züchtig geht es hier ebenfalls zu.

Der Bund der beiden wird beschleunigt beim Kurzurlaub in Amsterdam. Wo selbst Restaurantkellner beseelter bedienen, ganz gebannt sind von der Strahlkraft des Paares. Es kommt zu einem ersten Kuss; die Menschen rundherum brechen spontan in Applaus aus. Und von allen möglichen Orten auf dieser Welt hat man sich als Schauplatz für die öffentliche Liebesbesiegelung nun ausgerechnet den Dachboden des Anne-Frank-Museums ausgesucht.

Nun könnte man meinen, dass diese Szene bloß ein etwas peinlicher, vielleicht gar geschmackloser Ausrutscher wäre. Doch tatsächlich ist sie symptomatisch für die gesamte Liebesgeschichte des Bestseller-Autors John Green. Denn während unser Paar sich küsst, hören wir obendrein Auszüge aus Anne Franks Tagebuch, in denen sie von ihren Träumen und ihrer unbeirrbaren Hoffnung auf ein besseres Leben erzählt. Der Holocaust wird dabei jedoch sanft umschifft, blütenzart ausgeblendet – wie letztlich leider auch das Thema Krebserkrankung.

Die meist sonnenwarmen Bilder ersparen uns alles Schwierige, zeigen bestenfalls Unannehmlichkeiten. Weshalb sogar ein gerade erblindender Junge aus der Selbsthilfegruppe als gelegentlicher komödiantischer Stimmungsaufheller in dieser tragischen Teenager-Romanze auftreten kann. Hier springt man eben Tag für Tag tapfer lächelnd dem Tod von der Schippe.

Krankheit erfüllt eine Funktion, für ein romantisches Ideal instrumentalisiert

Krankheit erfüllt lediglich eine Funktion, die bloß für ein romantisches Ideal instrumentalisiert wurde: Nur durch den Tod kann eine erste große Liebe schließlich auf ewig konserviert werden. Was eine weitere, allerdings etwas unschöne Parallele zu Bella und Edward wäre, die ihre Liebe ja immerhin per Vampirbiss in die Unsterblichkeit überführten.

„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ kann jedoch mit einer nicht ganz unwesentlichen Trumpfkarte aufwarten, die zwar nichts gegen die gelegentlichen Peinlichkeiten ausrichten könnte und die die zu zahlreichen melodramatischen Zuspitzungen während des Schlussakkords keineswegs glaubwürdiger macht.

Aber mit ihrem unangestrengt kraftvollen Spiel versucht es die Hauptdarstellerin Shailene Woodley doch wenigstens würdevoll. Sie besticht mit unaufgeregter Präsenz und großer Natürlichkeit. Ihre angenehme Zurückhaltung macht die Anteilnahme am Schicksal ihrer Figur umso einladender. Es ist allein sie, die sich die Tränen des Zuschauers redlich erspielt. Auch wenn sie den Film dadurch stärker erdet, als es eine solche Krebsromanze jemals verdient hätte.

+++-- „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ USA 2014, 126 Min., ab 6 J., R: Josh Boone, D: Shailene Woodley, Ansel Elgort, Nat Wolff, Laura Dern, Willem Dafoe, im Abaton, Passage, UCI Wandsbek, Othmarschen-Park u. Mundsburg, Cinemaxx Dammtor, Harburg u. Wandsbek, Savoy (OF); www.dasschicksalisteinmieserverraeter-derfilm.de