Der sympathische Choleriker und ewige Verlierer feiert seinen 80. Geburtstag mit zahlreichen Comic- und DVD-Veröffentlichungen

Entenhausen. 80 Jahre, das ist schon ein respektables Alter. Und so hat Donald Duck, der ewig junge Wilde, der jetzt Geburtstag feiert, eigentlich längst Anrecht auf einen Seniorenteller Entengrütze.

Er war schon der Prototyp des Wutbürgers, als es das Wort noch gar nicht gab. Was er mit dem Schnabel aufbaut, reißt er mit dem Bürzel wieder um. Donald ist Choleriker, Pechvogel, Verlierer – und doch ein Sympathieträger. Wenn er leidet, leiden wir mit. Ihm und uns sind auch Schadenfreude nicht ganz fremd. Dem mausbraven Micky hat die süßsauer lächelnde Ente schon längst die Show gestohlen, denn mit einem wie Donald kann man sich leichter identifizieren. So ein Geburtstag muss gefeiert werden: Es gibt zahlreiche neue und alte Comics in Büchern und Heften, die Donald Duck Jubiläumscollection auf drei DVDs, und natürlich ist Donald auf dem Disney Channel zurzeit sehr präsent, am heutigen Dienstag zum Beispiel in „Die drei Musketiere“.

Seinen ersten Auftritt hatte Donald Duck am 9. Juni 1934 im musikalischen Kurzfilm „Die kluge kleine Henne“. Er sah damals schon fast aus wie heute, allerdings war er noch länglicher und schmaler. Dieser Erstling und weitere frühe Filme befinden sich in der DVD-Jubiläumscollection, zu der US-Filmkritiker Leonard Maltin im Bonusmaterial einige Hintergrundinformationen beisteuert.

Bei den frühen Disney-Trickfilmen, deren Star noch Micky war, gab es Elternbeschwerden, wenn die Maus sich mal daneben benahm. Micky blieb also fortan spießig-langweilig, und Donald bekam seine Chance. „Er war innovativ, weil er nicht nur seine Geduld verlieren durfte, es war seine herausragende Eigenschaft. Die Leute erwarteten und genossen es“, sagt Maltin. Zunächst war Donald „alleinstehend“, später kamen Daisy, die Neffen Tick, Trick und Track sowie Onkel Dagobert hinzu, obwohl die genauen Hintergründe der Familiengeschichte im Dunkeln blieben, weil es in Entenhausen zwar mehrere Generationen, aber keine Sexualität gibt. Donald als Film war ein großer Erfolg. Allein zwischen 1936 und 1961 spielte er in 128 Animationsfilmen mit, manchmal tauchte er sogar als gezeichnete Figur in Realfilmen neben echten Schauspielern auf.

Die Schar der Donald-Fans teilt sich in zwei Lager. Manche mögen ihn als Filmstar, andere schwören, den wahren anarchistischen Erpel-Effekt könne man nur in den gezeichneten Comics entdecken. Zur letzteren Gruppe gehört Hans von Storch. Er ist Professor am Institut für Meteorologie der Universität Hamburg und Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum in Geesthacht. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich auch mit der Population Entenhausens. Als Kind habe er die Donald-Comics mit der Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen, so der Forscher. Im Erwachsenenalter sei diese Liebe aber „voll erblüht“.

Ihn habe die ganze Entenhausener Welt fasziniert, die sich zwar von unserer deutlich unterscheide, ihr andererseits aber auch ziemlich ähnlich sei. „Der intellektuelle Spaß funktioniert eigentlich nur mit den von Carl Barks gezeichneten Comics, wobei wir in Deutschland noch das besondere Vergnügen haben, die Übersetzungen von Erika Fuchs zu lesen zu bekommen.“ Sie sei eigentlich keine Übersetzerin gewesen, sondern habe den Text „neu erfunden“.

Nachdem er im Norwegischen und Dänischen hintergründig-humorige Publikationen über die Ducks gefunden hatte, gründete der Forscher 1976 den „Hamburger Donaldisten“, eine Zeitschrift, mit kurios-kritisch-humorvollen Beiträgen. Dahinter steht die Organisation D.O.N.A.L.D., die Deutsche Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus. „Die Aufgabe des wissenschaftlichen Donaldismus ist es, den wahren Kern der Geschichten zu identifizieren und durch Geisteskraft zu einem konsistenten Ganzen zu verhelfen“, lautete das Credo. Die erste Ausgabe hatte 15 maschinengetippte und mit Letraset gestaltete Seiten und eine Auflage von 25 Exemplaren. Der Herausgeber schaltete eine Anzeige im Abendblatt mit dem Text: „Wer keine weiche Birne hat, liest den ‚HD‘ aus der Hansestadt“. Das lasen die Kollegen von der „Bild“ und schrieben einen Artikel mit der Zeile: „Sagen Sie mal, Herr Storch, haben Sie nicht eine Meise mit Ihrer Ente?“

Von Storch hat sich längst als Herausgeber zurückgezogen, die Donaldisten gibt es aber immer noch. Die „Lustigen Taschenbücher“, in denen Donald heute überwiegend erscheint, hätten nicht mehr die anarchistische Tiefe von früher, findet er. In den USA sei Donald kein Thema mehr, auch die Taschenbücher gebe es dort nicht. Für die jüngere Generation hat er einen Ratschlag: „Man sollte nicht etwa Goethe oder Karl May lesen, sondern Carl-Barks-Comics in der Übersetzung von Erika Fuchs. Das sind nur etwa 600 Geschichten, das kann man schon hinkriegen.“

Eine von Storchs Lieblingsstories handelt von Onkel Dagobert, der zwar erkennt, der reichste Mann der Welt zu sein, aber er weiß nicht, wie er mit dem Geld umgehen, wie er es verwerten soll, der Geldspeicher ist am Überlaufen. Also beschäftigt er Donald gegen Bezahlung, um für ihn Geld auszugeben. Dazu muss Dagobert mit Donald über die Höhe des Gehalts verhandeln, und natürlich versucht der alte Geizhals seinen Neffen herunterzuhandeln. Solche absurden Konstellationen sind so recht nach von Storchs Geschmack. Für ihn gehören die Donald-Geschichten längst zur klassischen Literatur, und er prophezeit dem Titelhelden auch noch ein langes Leben. „Der verschwindet auf gar keinen Fall.“

„Die drei Musketiere“ Di 10.6., 10.25 Uhr, Disney Channel; www.ehapa.de