Lange kann es nicht mehr dauern, bis Judith Rakers vorm Büro des NDR-Intendanten wutschnaubend mit einem Protestplakat aufläuft, selbst gemalt und vielleicht in frechem Eppendorfer Pink: „Marmor, geben Sie Beinfreiheit!“ Denn seit einigen Monaten soll, darf, muss ja so ziemlich jeder außer Frau Rakers und ihren Leidensgenossinnen in den Nachrichtenformaten von ARD und ZDF dekorativ herumwandern. Nicht jedem tut das gut. Warum auch, denn schließlich hat niemand in der journalistischen Lehrzeit „Körpersprache für Anfänger“- Kurse belegt. Caren Miosga wirkt mittlerweile viel entspannter als Thomas Roth, der mit seiner Pflicht zum kamerabetreuten Auslauf noch fremdelt. Und zu gern würde man hören, was da an Regie-Kommandos durch den Knopf im Ohr kommt, weil Roths Wetterüberleitungs-Pointe schon wieder schiefging. Oder es, wie vor wenigen Tagen, gleich gar kein Wetterorakel gab. Und über die Gehversuche mancher ZDF-Anchormenschen wollen wir lieber mitleidig schweigen. Nur so viel: Selbst Heidi Klum würde weinend aus dem „heute“-Studio stöckeln.

Die Einzigen also, die noch wie angekettet an ihr Kommandobrücken- Mobiliar wirken, sind die Vorleser und Vorleserinnen. Hofer, Rakers & Co. sind die letzten Standbilder mit Sprechfunktion. Kein Wunder bei so viel Bevormundung, dass viele Zettelhalter gern zusagen, wenn sie in einer der vielen x-beliebigen Spielshows durchs Bild tollen dürfen, ungebremst und nach der Freigänger-Devise: Hier hab ich Bein, hier darf ich sein.

Bei Eckart von Hirschhausens „Quiz des Menschen“, das ich in dieser Woche erfreulicherweise schon wieder verpasst habe, war – wahrscheinlich nur ein Versehen – gerade mal niemand aus dieser geknechteten Berufsgruppe dabei. Doch bei Sendungen wie diesen zeigt sich, wofür die Show- Programmhinweise von ARD und ZDF tatsächlich gut sind. Denn eigentlich sind sie prima Programmumgehungsratschläge. Wer dort, in wenigen Sekunden gebündelt, angedroht bekommt, wie sehr sich irgendwelche „Comedians“ mit Vorabendserien- Kleindarstellern oder patenten Schauspielergattinnen um die Wette amüsieren, der weiß: Nix wie weg. Es gibt so viele gute Bücher, die man lesen könnte. So viele US-Serien auf DVD. Bis man aus Mangel an solchen Alternativen frischer Wandfarbe beim Trocknen zusehen müsste, verginge mehr Zeit, als man je mit Frühstücksfernsehen oder Schmunzelkrimis verschwenden könnte. So gesehen, ist jeder Euro, den ARD und ZDF von uns Endverbrauchern erhalten, bestens angelegt.

An dieser Stelle schreiben Joachim Mischke und Alexander Josefowicz im wöchentlichen Wechsel über die Welt des Fernsehens