Drei Fragen an Regisseur Richard Linklater über sein Langzeitprojekt „Boyhood“

1995 gewann Richard Linklater mit „Before Sunrise“ bei der Berlinale den Silbernen Bären für die beste Regie, im Februar dieses Jahres gab es dort erneut den Silbernen Bären für die beste Regie – für „Boyhood“ mit Ellar Coltrane, Patricia Arquette und Ethan Hawke. Im Interview erzählt der 53 Jahre alte US-Regisseur, was ihn dazu gebracht hat, das Werk über zwölf Jahre zu drehen und welche Herausforderungen es dabei gab.

Hamburger Abendblatt:

Sie haben in der Vergangenheit immer wieder Filme gedreht und geschrieben, die an einem Tag oder innerhalb weniger Stunden spielen. Was hat Sie nun dazu gebracht, die Geschichte eines Jungen über zwölf Jahre hinweg zu drehen?

Richard Linklater:

Ich wollte eine Geschichte über die Kindheit eines Jungen schreiben, konnte mich dann aber nicht entscheiden, auf welchen Teil der Kindheit ich fokussieren wollte. In Filmen hat man ja nicht ewig Zeit, deswegen sucht man sich einen bestimmten Moment heraus. Das fiel mir aber schwer. Und dann hatte ich diese Idee: Wie wäre es, wenn wir jedes Jahr ein bisschen drehen würden und ich den gesamten Prozess des Heranwachsens einfangen könnte? Das ist allerdings ein sehr unpraktischer Weg, deshalb hat es wohl vorher auch noch niemand gemacht.

Wie viel von dem Drehbuch haben Sie vorab geschrieben, wie viel wurde währenddessen entwickelt?

Linklater:

Die Geschichte wurde von Jahr zu Jahr geschrieben. Das große Ganze stand aber von Anfang an. Ich hatte zum Beispiel die Schlusseinstellung des Films schon im zweiten Jahr vor Augen. Ich wusste schon früh, wie es zu Ende gehen würde. Ich denke, es ist wichtig zu wissen, wo alles hinführt, sodass sich alles andere dahin aufbaut.

Woher kommt Ihr Interesse, dem Leben von Menschen möglichst nah zu folgen, wie man es sonst vielleicht eher nur in Dokumentationen sehen würde?

Linklater:

Mir geht es vor allem um das Geschichtenerzählen. Ich erzähle eine Geschichte mithilfe von Menschen. Dieser und auch andere Filme fühlen sich sehr persönlich an. Sie sind nicht explizit autobiografisch, aber sehr persönlich. Als ich zum Beispiel mit Ethan (Hawke) gesprochen habe, haben wir festgestellt, dass unsere Väter sehr ähnliche Dinge gemacht haben. Der Film ist daher eine Art Mischung aus den Erfahrungen unserer Väter und unseren eigenen in unseren Rollen als Väter.