Hamburg. Das Niveau beim Körber Studio Junge Regie im Thalia in der Gaußstraße ist bislang erfreulich hoch, die Inszenierungen sind handwerklich oft stimmig, wenn auch selten visionär. Vom texttreuen Gegenwartsstück bis zum Dokumentartheater reicht noch bis zum heutigen Montag das Angebot.

Ein Höhepunkt am dritten Tag: die Collage „Der Fall M. – Eine Psychiatriegeschichte“, eine Abschlussinszenierung von Florian Fischer von der Münchner Otto-Falckenberg-Schule. Fischer montiert geschickt die Türhüter-Parabel aus Franz Kafkas „Prozess“ mit dem Text „Die Lehrerin“ von Ödön von Horváth und dem Fall des sieben Jahre lang aufgrund eines umstrittenen Gerichtsbeschlusses in der geschlossenen Psychiatrie einsitzenden Gustl Mollath. Feinnervig und kämpferisch gibt Barbara Dussler die in den 1930er-Jahren wegen kommunistischer Gesinnung in eine Nervenheilanstalt eingewiesene Volksschullehrerin Elisabeth Maldaque. Elegant gleitet die Inszenierung über in eine akustische Installation der Ohnmacht, in der sich von der Decke regnende Tropfen in Musik verwandeln und ein Darsteller eine Palme geräuschvoll zerhackt. Als bislang größte Festival-Entdeckung überzeugt der fiebrige Mollath-Darsteller Christopher Heisler, Aktenberge schulternd und originale Texte rezitierend.

Gut gespielt, aber etwas konventionell mutet Isabella Roumiantsevs Frankfurter Inszenierung von Sarah Kanes „Gier“ an. Vier Figuren bewegen sich durch eine Scherbenlandschaft mit Autositzen. Der „Unfall“, der hier dargestellt wird, ist das Trauma einer Vergewaltigung, nun ringen die Darsteller, die man sich als mehrstimmigen Chor im Kopf einer Person vorstellen muss, mit der Verdrängung, mit Versuchen, Bruchstücke der Erinnerung aufzuklauben. Bis heute berührt die beklemmende Sprache der Autorin, die sich im Alter von 28 Jahren das Leben nahm.

Auch Falk Richters „Gott ist ein DJ“, ebenfalls aus dem Jahre 1998, hat nichts von seiner Kraft verloren. Richter schrieb seine Sicht auf Auswüchse der Mediengesellschaft lange vor Social Media. In der Regie von Janne Nora Kummer (Hochschule Ernst Busch Berlin) wird sie zur etwas überdrehten, unterhaltsamen Kritik zwanghafter Selbstvermarktung.