The War on Drugs hat die richtigen Vorbilder – zu hören im Uebel & Gefährlich

Wie das wohl so läuft bei den Popmusikern, wenn sie sich bei den bald startenden Sommerfestivals im Catering-Zelt treffen? Reden sie über ihre neuen Singles und aktuellen Alben? Ist das nur Smalltalk oder Musikkritik? Ist man ehrlich oder charmant? Betreibt man Pop-Historie? So nach dem Motto: „Den Akkord, den haste aber da her. Und zuletzt hast du ziemlich viel Progressive Rock gehört aus den Jahren 1976 und 1977. Bist halt kein Punker! Aber die Leute scheinen wieder voll retro zu sein gerade, nicht wahr, deine Platte geht ja weg wie geschnitten Brot.“

Unterhalten sich Rockstars eigentlich gern über ihre Helden und Inspirationsquellen? Oder will man lieber als Originalgenie gelten, das seine Vorbilder lieber so ganz genau nicht preisgeben will? Einer wie der Amerikaner Adam Granduciel dürfte, was das angeht, viel zu hören bekommen dieser Tage. Das neue Album seiner Band The War on Drugs, „Lost In The Dream“, heimste zuletzt jede Menge Kritikerlob und Publikumserfolg ein. Und das obwohl (oder gerade!), weil Granduciel ein begnadeter Kleptomane ist. Was würde, sagen wir, Bruce Springsteen sagen, träfe er beim Aftershow-Abhängen auf Adam?

The Boss (schwitzend): „Moin, Digger! Schön, dich mal zu treffen. Ich treffe gerne meine Fans.“

Adam (grummelnd): „Ja, moin.“

The Boss: „Ja, Arcade Fire mag ich. Und, ne, ist ja bekannt: Ganz am Anfang meiner Superstar-Karriere hab ich auch Bob Dylan nachgespielt. Gute Entscheidung, Junge!“

Adam schweigt.

The Boss: „Und, you know, Corporate-80s-Rock, da war ich auch gut drin! Kann man nicht genug würdigen. Dire Straits!“

Adam schweigt.

The Boss: „Bruce Hornsby!“

Adam verdreht die Augen.

The Boss: „Good Kid – am Ende machen wir doch alle Melodic Rock.“

Adam (dreht sich nach seiner Band um, verstört): „Ich muss los.“

Auf „Lost In The Dream“ erinnert am Ende natürlich nur der Sound an die Vorgänger. Wie jeder gute Songwriter schraubt Granduciel aus dem Vorhandenen etwas Neues. Dennoch ist bei The War on Drugs vieles Sound und nicht Song, was aber nichts macht: Wie auf dem vorangegangenen Album „Future Weather“ liegt die kompositorische Kunst Granduciels darin, einen epischen Klangteppich zu stricken, der Amerikas weite Landschaften evoziert.

Damit hat er es auf die Liste der derzeit angesagtesten Indie-Songwriter geschafft. In einem bislang mauen Popjahr war das allerdings nicht allzu schwer, was an der Exzellenz des War-on-Drugs-Albums nichts ändert. Man muss halt immer die richtigen Platten hören, die von früher und die von heute.

The War on Drugs Fr 16.5., 19.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstr.), Feldstr. 66, Karten 17,30 Vvk.