Richy Müller greift zur Selbstjustiz. „Ein todsicherer Plan“ ist ein spannender und nachdenklicher TV-Krimi

Hamburg. Die Idee ist so einfach. Klaus Roth (Richy Müller) und Achim Buchert (Martin Butzke) wollen nur darauf warten, dass der Geldtransporter vor der Bank in der badischen Kleinstadt vorfährt. Sie wollen aussteigen und den Sicherheitsmann zur Herausgabe des Geldkoffers zwingen. Dann wollen sie mit der Beute ins Fluchtauto steigen, mit dem ein Fahrer sie in Sicherheit bringt. Sie haben das Geld, niemand wird verletzt. „Ein todsicherer Plan“ eben. Was wirklich geschieht, erzählt Roland Suso Richter in seinem gleichnamigen TV-Krimi.

Roth treibt seine prekäre finanzielle Situation zu dieser Verzweiflungstat. Er ist Tischler in dem Ort, aber seine Firma musste er schließen, die Angestellten entlassen, jetzt soll sein Haus verpfändet werden. Er trifft sich deshalb mit seinem ehemaligen Angestellten Buchert. Seine Frau Anne (Anke Sevenich) bleibt ahnungslos zurück.

Vor der Bank bekommt der Plan erste Risse. Statt des vorgesehenen Fahrers kann Buchert nur einen Ersatzmann präsentieren. Ein schlechtes Omen, findet Roth. Er soll recht behalten, denn die Sicherheitsleute wehren sich heftig, als sie das Geld abgeben sollen. Einer schießt Roth in den Rücken. Als sie die Aktion abbrechen wollen, stellen sie fest, dass ihr Fahrer die Nerven verloren hat und geflohen ist. Ihnen bleibt nur noch der Weg in die Bank, wo sie fünf Geiseln nehmen. Ein Angestellter drückt den Alarmknopf.

Die Situation hat etwas Unwirkliches. Die Polizisten vor der Bank sind zunächst nur mäßig alarmiert, Passanten kommen mit ihren Kindern zum Geldinstitut und filmen mit ihren Handys die scheinbare Sensation. Die Geiseln regieren ängstlich. Besonders Buchert, ein Ex-Soldat mit Afghanistan-Erfahrung, sorgt für eine bedrohliche Stimmung und baut im Keller eine Sprengfalle. Roth versucht dagegen zu beschwichtigen. Eine Geisel bittet um ein Glas Wasser. „Wir sind ja keine Unmenschen“, antwortet er und gibt ihr zu trinken.

Bald findet die Polizei heraus, mit wem sie es zu tun hat. Roth und Buchert nehmen ihre Masken ab. Die Bankangestellten sind schockiert, als sie in Roth einen ihrer Kunden erkennen. Dem hatte man seinen Kredit gekündigt und die Zinsen so lange hochgeschraubt, bis ihm die Luft ausging. Und zwar nur, um in der eigenen Bilanz besser dazustehen. Roth, der Täter, ist auch ein Opfer. Dennoch ist er fast schon zur Aufgabe bereit. Er verhandelt mit einem Polizisten, für den er einst die Haustür getischlert hat. „Jetzt wollen Sie Ihr altes Leben zurück. Wie soll das gehen?“, fragt der Beamte.

Brenzlig wird es, als die LKA-Beamtin Alexandra Beck (Julia Brendler) dazustößt und den Einsatz übernimmt. Sie kennt im Grunde nur ein Ziel: hartes Durchgreifen. Den ersten SEK-Einsatz kann Buchert aber noch abwehren. Während er mit Roth um freies Geleit beim Abzug verhandelt, verfolgt Beck längst schon wieder andere Pläne.

Aus einer simplen Ausgangssituation hat der „Tatort“-erprobte Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt eine vielschichtige Personenkonstellation geschaffen, gleich mehrfach wird der Begriff der Gerechtigkeit hinterfragt. Richy Müller verkörpert Tischler Roth als verzweifelten, doch nie seine Menschlichkeit verlierenden modernen Michael Kohlhaas, dem trotz des kriminellen Potenzials die Sympathien gehören. Aber auch sein Kompagnon ist nicht auf der Sonnenseite gelandet. Von seinem Afghanistan-Einsatz kam er nervlich zerrüttet zurück. „Da wäre eigentlich eine Behandlung angebracht gewesen“, finden auch die Polizisten. Während die örtlichen Beamten auf Deeskalation setzen, gibt LKA-Beamtin Beck den Kampfhund mit Schaum vor dem Mund. Nicht immer haben die Ranghöheren auch die besseren Ideen.

Auch unter den Geiseln tun sich bald Abgründe auf. Da wird geschleimt und intrigiert. Der Filialleiter unterbreitet Roth sogar noch demütig ein neues Finanzierungsangebot. Eine der Angestellten hat da schon längst ein ganzes Stück weitergedacht „Wenn das hier vorbei ist, werden wir bestimmt zu Talkshows eingeladen“, freut sie sich auf die Zukunft.

Roland Suso Richter („Auslandseinsatz“), der zurzeit das Leben von Bernhard Grzimek verfilmt, inszeniert das Kammerspiel virtuos und macht klar, dass eine Spirale der Gewalt sich nur schwer stoppen lässt, wenn sie erst einmal in Gang gesetzt worden ist.

„Ein todsicherer Plan“ Mi, 20.15, ARD