Sie ist die Heldin der Kleinsten: Singa Gätgens moderiert seit Jahren auf KIKA. Die Hamburgerin würde gern zeigen, was sie noch kann

Hamburg. Die Frau polarisiert enorm, und dabei lächelt sie doch so nett. Die einen lieben sie, eben weil sie so nett lächelt, weil sie von Kindern gemalte Bilder in die Kamera hält, ab und an mit Eulen oder Sternen spricht und absolut verlässlich eine „gute Nacht“ wünscht. Diese Gruppe schart sich um die 39-Jährige, wenn sie durch ihre Heimatstadt Hamburg läuft. Ungläubig wird sie bestaunt: Wie kann es sein, dass die hier rumläuft? Die wohnt doch im Fernsehen, und da auch noch in einem Baumhaus! So reden die Kinder. Für die meisten Erwachsenen ist sie eine ganz normale junge Frau, sicher nett anzusehen – aber sonst? Völlig unbekannt.

Wohl kaum ein Mensch im Fernsehen steckt so tief in einer Genre-Schublade wie Singa Gätgens, die am 1. Januar 1997 die erste Sendung des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals, kurz KIKA, moderierte und dort noch heute die kleinen Sandmännchen-Filme anmoderiert – aus dem Baumhaus, das tatsächlich einfach eine Studiokulisse des MDR in Erfurt ist, in der Fantasiewelt der kleinen Zuschauer aber ein Ort der Ruhe, der Bilder und der Geschichten. „Manchmal werden Kindergruppen durch die Kulissen geführt, die sind dann schon etwas erstaunt, dass das alles nicht weit oben in der Luft ist“, erzählt Singa Gätgens.

Ein wenig hadert sie mit der Rolle als ewige Frau des Sandmanns, so scheint es jedenfalls: Nur die nette große Schwester aus dem Fernsehen zu sein, die in Wohlfühlklamotten dazu animiert, noch mal über den Tag nachzudenken, oder eine lustige Geschichte aus ihrem Leben erzählt, das Zähneputzen einläutet und schließlich mit einem ganz warmen Blick und der sanftesten aller sanften Stimmen eine gute Nacht wünscht – das ist auf Dauer vielleicht doch zu wenig. „Klar würde ich auch gern was anderes machen und zeigen, was ich noch kann“, sagt sie mit Nachdruck in der Stimme, um dann gleich wieder sanfter zu werden: „Obwohl ich schon sehr gern Fernsehen für Kinder mache, die sind ein tolles und von Herzen dankbares Publikum.“

Auf ihrer Homepage, über die man sie auch für Galas oder andere Auftritte buchen kann, ist Singa Gätgens in einer kleinen Bildergalerie auch mal anders zu sehen: die Haare hochgesteckt, das T-Shirt unter dem Blazer etwas weiter ausgeschnitten, aber natürlich nicht zu weit. Die Botschaft: Ich kann auch anders! Und im MDR konnte sie auch schon zeigen, dass sie, die selbst keine Kinder hat, noch mehr drauf hat als das Sandtreiben in Kinderaugen auszulösen und Moderationen mit dem Satz „Wisst ihr, was mir heute passiert ist?“ anzufangen. Vier Jahre lang kurvte sie mit einem Oldtimer durch Sachsen-Anhalt und erzählte in der Sendung „LandTour“ von den Geschichten, die ihr am Wegesrand auffielen. „So etwas in Norddeutschland für den NDR, das wäre großartig“, sagt sie. Und immerhin, falls der Sender die Kosten für den Wagen scheuen sollte – den gibt es schon im Privatbesitz des Ehepaars.

Ihr Mann ist Maschinenbaumeister, gerade restaurieren die beiden einen Pick-up von Ford, Baujahr 1935. Könnte also bald losgehen. Aber auch eine schöne Nachmittagssendung wäre prima, mit rotem Sofa oder so und Gästen. „Ich sehe mich, obwohl ich ja auch viel als Schauspielerin gearbeitet habe, in Zukunft eher als Moderatorin“, sagt Singa Gätgens. Auf vielen Bühnen bei diversen Kinderfesten in der ganzen Republik hat sie dafür jedenfalls ausreichend Erfahrung gesammelt.

Und Norddeutschland, das ist ohnehin ihr Metier. Geboren wurde Singa Gätgens in Bönningstedt vor den Toren Hamburgs, das knapp 4500 Einwohner zählt. Auch wenn sie heute ein paar Kilometer entfernt in Ellerbek wohnt, ist sie wenigstens in ihrer Geburtsstadt noch bekannt. „Neulich habe ich gesehen, dass bei Wikipedia unter Persönlichkeiten des Ortes mein Name aufgeführt ist. Und auch nur meiner“, erzählt sie und lacht. Trotzdem seien viele Hamburger überrascht, wenn sie hören, dass sie aus der Gegend stammt. „Der ARD-Anteil des KIKA-Programms wird schon immer in Erfurt aufgezeichnet, deswegen bekomme ich auch viel mehr Einladungen aus Thüringen zu irgendwelchen Veranstaltungen“ – von denen sie die wenigsten annehmen kann, denn nach den Aufzeichnungstagen geht es immer wieder zurück nach Hamburg. „Ich liebe es, hier an der Elbe spazieren zu gehen, gern auch zum Hafen, immer mit meiner Hündin Luna und gern auch im Regen.“ Geheiratet wurde auf der „Rickmer Rickmers“, mehr Verbundenheit geht wohl kaum.

Und hier in Hamburg wurde sie als Achtjährige auch als Kindermodel entdeckt, das war der Einstieg in die Medienwelt, denn bald folgte die erste TV-Hauptrolle in der Serie „Neues vom Süderhof“. Viele kleinere Rollen in „Gegen den Wind“, „Der Landarzt“ schlossen sich an, aber auch die Moderationen nahmen zu, etwa für „Pumuckl TV“. Als der KIKA vor dem Start ein Moderationsduo suchte, das jung war, aber schon Erfahrung hatte, bewarb sie sich mit ihrem damaligen Kollegen Juri Tetzlaff und wurde vom Start weg engagiert. Auch Tetzlaff moderiert heute noch mit ihr im Wechsel das „Sandmännchen“, jeden Tag von 18.50 Uhr bis 19 Uhr. „Für viele Kinder ist ganz klar, dass wir ein Paar sind und zusammen im Baumhaus leben“, sagt Singa Gätgens. Gemeinsam basteln die beiden auch in der KIKA-„Mitmach-Mühle“, sie tanzt zudem noch im KIKA-„Tanzalarm“.

Ganz schön viel Kinderkram, das findet die 39-Jährige auch. „Aber ich mag Kinder wirklich“, sagt sie. Anders als etwa der ehemalige „Löwenzahn“-Moderator Peter Lustig, der nach dem Ende seiner langen Fernsehkarriere gestand, dass er die Kleinen eigentlich ziemlich klebrig findet. Aber auch Gätgens hat eine etwas rauere Seite – ihre große Leidenschaft ist das Eishockeyspielen, sogar einen eigenen Verein, die „Hamburg Mammuts“, hat sie mitgegründet. „Das ist für mich der beste Ausgleich zum Job, wenn ich mit meinen Freunden über das Eis jage“, erzählt sie.

Raus geht es zur Fotoproduktion auf die Wege von Planten un Blomen. Die kleine Leah, fünf Jahre alt, kommt auf ihrem Tretroller dazu. Große Augen. Ist sie das, die Frau aus dem Fernsehen? Ja. Es gibt Autogrammkarten, ein gemeinsames Foto, jetzt begleitet von der weichen, ruhigen Stimme. „Früher gab es übrigens auch mal Moderationen, da habe ich noch zum Toben aufgerufen, aber da gab es gleich böse Briefe von den Eltern, die doch die Ruhephase einläuten wollten“, erzählt Singa Gätgens noch, da dirigiert sie der Fotograf, auch ein Vater, auf die unteren Äste eines Baumes. Einmal Baumhaus, immer Baumhaus? Vielleicht geht es hier ja auch einfach nur hoch hinaus. Auf jeden Fall zeigt Singa Gätgens mitten am Tag ihr schönstes Gute-Nacht-Lächeln.