Alexander Simon inszeniert die Komödie „Betrunkene“ des russischen Autors Iwan Wyrypajew. Es geht um sieben Figuren, die bei fortgeschrittener Alkoholvernichtung nach Erkenntnis suchen.

Manchmal gebiert die Not Chancen. Eigentlich sollte Alexander Simon die Hauptrolle des „Wilhelm Tell“ in der Regie von Antú Romero Nunes übernehmen. Als die Premiere wegen Krankheit abgesagt werden musste, kam aus Ensemble und Dramaturgie die Idee, den Simon ein Stück suchen zu lassen. Und so wälzte der Schauspieler 70 Stoffe und entschied sich für die Komödie „Betrunkene“ des russischen Autors Iwan Wyrypajew. Mit sieben Darstellern erarbeitet er nun die Premiere im Thalia in der Gaußstraße.

„Ich habe schon Zeit gebraucht, mich daran zu gewöhnen, die wunderbaren Kollegen, mit denen ich sonst auf der Bühne stehe, vor mir zu haben“, sagt Simon. „Die verlangen ja auch etwas. Da kommt mir eine geballte Energie entgegen.“ Aber die Atmosphäre sei ganz wunderbar. Simon hat bislang zweimal Regie geführt, bei „Gegen die Wand“ in der Wiener Garage X und in der Gaußstraße bei „Romeo und Julia“, einer Kooperation mit der Theaterakademie.

„Betrunkene“ vereint 14 Figuren, die bei fortgeschrittener Alkoholvernichtung nach Erkenntnis suchen. Die exakt in diesem Moment etwas erleben wollen. Und in dieser zwielichtigen, vernebelten Nacht eine gültige Wahrheit suchen. „Auf den ersten Blick wirkt es wie profane, triviale Literatur, die dann aber doch zu den großen Themen ‚Glaube, Liebe, Hoffnung’ gelangt“, so Simon. Der Autor meidet jeden psychologischen Realismus und steigert die Boshaftigkeit nach und nach. „Der Humor funktioniert, wenn es die Figuren etwas kostet“, sagt Simon.

Sie haben Berufe, in denen sie Realitäten erschaffen, sie sind Banker, Werber, PR-Agenten, Models. „Es gibt keinen Kontext. Die Figuren tauchen auf, verhandeln eine Extremsituation und sind wieder weg.“ Alle haben Modellcharakter, sprechen mit einer Stimme. „Ein berauschter Chor“, sagt Simon und lacht. „Bei einem schmerzhaften Fest.“ Die zwei Akte und acht Szenen werden immer wieder charakterisiert mit „stockbetrunken“ oder „immer noch betrunken“. Alle spüren eine Leere. Die Frau, die ihrer Freundin den Freund ausspannt. Das Ehepaar, das ein anderes zu Gast hat und nach einigen Gallonen Wein zu unerhörten Geständnissen kommt. Der Mann, der mit drei Kumpels und einer Prostituierten in der Küche des elterlichen Veggie-Restaurants seinen Junggesellenabschied feiert und plötzlich eine andere heiraten will.

Sie benutzen ihre Mitmenschen aus dem Egoismus heraus, ihr Problem zu lösen. Simon erzählt all das in einem leeren Raum mit einem Tisch und einer Gitarre. „Mich interessiert an der Sprache die Körperlichkeit. Dadurch erhält sie eine Tiefe“, sagt er. „Die Figuren sind ja schon durch das Betrunkensein nicht in der Lage, zu reflektieren.“ Es ist ein Schnellschuss, aber einer mit dem Zeug zum Überraschungshit. Und sogar Jesus hat einen Auftritt.

„Betrunkene“ Premiere So 13.4., 19.00, Thalia in der Gaußstraße (S Altona, Bus 2), Gaußstraße 190, Karten 20,-: T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de