Die Komödie „Super-Hypochonder“ kann nicht an den „Scht’is“-Erfolg anknüpfen

Was gehört zu den großen Angstsituationen im Leben eines Hypochonders? Auf einer Neujahrsparty um Mitternacht von lauter Leuten geküsst zu werden – was man sich dabei alles holen kann! Romain (Dany Boon) hat es sich deshalb zur Regel gemacht, jedes Fest vorher zu verlassen. Als es ihm dieses eine Mal nicht gelingt, fällt er nach dem ersten Prosit-Neujahrs-Kuss prompt in Ohnmacht. Im Krankenhaus fahren die Ärzte alles auf, was die Apparatemedizin so hergibt – und finden nichts. Die Szene soll der erste ganz große Lacher in Dany Boons neuestem Versuch sein, an seinen Megaerfolg „Willkommen bei den Sch’tis“ von 2008 anzuknüpfen. Sie könnte kaum deutlicher zeigen, weshalb das bei „Super-Hypochonder“ nichts werden wird.

Anders als bei den „Sch'tis“, wo Kad Merad die anfangs so vorurteilsbehaftete Figur spielt, mit der der Zuschauer sich nach und nach identifiziert, setzt Boon hier seine eigene Figur des großen Keimphobikers und Hypochonders ins Zentrum. Aber wo Merad auch dann noch Sympathien beim Zuschauer weckt, wenn er seine schlimmsten Seiten offenbart, schlittert Boon als Grimassen schneidender Hysteriker schnell ins Nervige. Und wer dabei an das große Vorbild Louis de Funès, den Meister dieses Humorgenres, denkt, weckt Erwartungen, die Boon schon deshalb nicht erfüllen kann, weil es ihm an der de-Funès-schen Lust zur Selbstherabsetzung fehlt.

In der Handlung greift Boon im „Super-Hypochonder“ durchaus auf Muster aus alten de-Funès-Komödien zurück. Slapstick- und Verwechslungskomödie gehen Hand in Hand: Romain droht mit seiner Hypochondrie zur unerträglichen Belastung für seinen Arzt Dimitri (Kad Merad) zu werden. Statt Romain gegen Krankheiten zu behandeln, die er sich nur einbildet, rät Dimitri ihm dazu, es mit Online-Dating zu probieren und nimmt ihn mit zu einem Freiwilligeneinsatz – er soll bei der Versorgung von Flüchtlingen einmal lernen, was wirkliche Leiden sind.

Der Zufall will es, dass Romain das Lager nicht mehr als er selbst, sondern als Miroslav Anton verlässt, seines Zeichens legendärer Revolutionsführer aus Tscherkistan, einem Fantasieland irgendwo zwischen Balkan und Kaukasus. Wie oft in solchen Fällen beinhaltet die Verwechslung eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute besteht darin, dass Romain als Revolutionsheld bei Dimitris revolutionsbegeisterter Schwester Anna (Alice Pol) Unterschlupf findet – und von dieser angehimmelt wird. Die schlechte ist die, dass Miroslav Anton, sollte ihn die Polizei finden, die Abschiebung droht. Und die noch schlechtere? Dass in den Gefängnissen von Tscherkistan so ziemlich jeder Albtraum eines Keimphobikers in Erfüllung geht.

Die Gags, die Dany Boon aus den abstrusen Verwicklungen gewinnt, fallen leider eher behäbig aus. Weder zündet der Kontrast zwischen grober Macho-Attitüde und zarter Hypochondrie in der Miroslav-Romain-Verwechslung so richtig, noch funktioniert die Parodie rund um das Bürgerkriegsland „Tscherkistan“. Vereinzelte hübsche Szenen – wenn Romain gerade noch einen Damen-Tee mit seiner Revoluzzer-Attitüde beeindruckt, um dann vor einem kleinen Hündchen davonzulaufen – können das nicht aufwiegen.

+++-- „Super-Hypochonder“ Frankreich 2013, 107 Min., ab 6 J., R: Dany Boon, D: Dany Boon, Kad Merad, Alice Pol, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; www.super-hypochonder.de