Das britische Rock-Duo Blood Red Shoes kommt am 12. April ins Uebel & Gefährlich

Berlin besaß schon immer eine große Anziehungskraft für Popmusiker. David Bowie und Iggy Pop lebten und arbeiteten dort, Nick Cave traf dort Blixa Bargeld und gründete mit ihm die Bad Seeds. Heute sind es das multikulturelle Flair, die „bezahlbaren“ Mieten für Wohnraum, Studios und die massive finanzielle Unterstützung vonseiten der Behörden, die jüngere Musiker in die Stadt spülen. Stephen Malkmus lebte eine Zeit in der deutschen Hauptstadt, Agnes Obel wohnt in Neukölln, Fran Healy von Travis hat hier sein Domizil. Und auch Blood Red Shoes hat sich im vergangenen Jahr entschieden, mehrere Monate in Berlin zu bleiben, um dort ihr schlicht „Blood Red Shoes“ betiteltes Album aufzunehmen.

„Wir haben unsere ersten drei Alben in England produziert. Diesmal wollten wir Brighton und London verlassen, um zu schreiben. Berlin fanden wir als sehr inspirierenden Ort“, erzählt Laura-Mary Carter, Gitarristin und Sängerin des Indierock-Duos. In Kreuzberg fand sie zusammen mit Schlagzeuger Steven Ansell in einem alten Industriekomplex einen großen Raum, in dem sogar ein Klavier stand. „Wir haben dann unser Equipment per Bus nach Berlin geschafft und dort nicht nur Songs entwickelt und geschrieben, sondern auch aufgenommen“, so Carter. Diese Arbeitsweise sei sehr viel billiger gewesen, als in einem professionellen Studio zu arbeiten, wo mit jeder Minute die Uhr tickt und die Mietkosten laufen. Außerdem haben die beiden zum ersten Mal ohne Produzenten gearbeitet.

Viele der zwölf neuen Songs entstanden aus spontanen Jamsessions. Die Verstärker wurden bis zum Anschlag aufgedreht und dann haben Carter und Ansell drauflos gedroschen. Über den Song „An Animal“ zum Beispiel sagt Steven Ansell, es habe sich angefühlt, wie mit Farbe herumzuspritzen – die Jackson-Pollock-Methode auf Indierock übertragen. „Viele Songs klingen nicht perfekt, aber wir haben diese Fehler nicht ausgemerzt. Es ging darum, möglichst viel Energie herauszulassen“, beschreibt Laura-Mary Carter diesen Prozess.

Doch es ist nicht nur pure Wildheit, die Blood Red Shoes hier auf Tonträger gebannt haben, „Grey Smoke“ zum Beispiel basiert auf einem bluesähnlichen Riff, andere Songs wie „Far Away“ changieren zwischen laut und leise. „Doch die Perspektive, die wir bei den Aufnahmen eingenommen haben, war die, als gäbe es kein Morgen mehr“, so Drummer Ansell.

Gegenüber früheren Alben hat Laura-Mary Carter mehr Sorgfalt auf die Lyrik der Songs verwendet. „Ich wollte mehr Geschichten erzählen, Berlin war in dieser Hinsicht ebenfalls inspirierend. Es ist nicht die schönste Stadt der Welt, aber sie birgt eine Menge Geheimnisse.“ „Behind A Wall“ zum Beispiel liest sich wie eine Beschreibung Berlins, andere Texte drehen sich um mysteriöse Orte. Carters Lyrik besteht mehr aus atmosphärischen Beschreibungen als aus Kurzgeschichten mit verschiedenen handelnden Personen. Verweise auf Literatur oder auf Filme wie noch auf dem von David Lynch beeinflussten „Fire Like This“ (2010) gibt es diesmal nicht.

Seit 2008 das Debütalbum „Box Of Secrets“ herausgekommen ist, hat Blood Red Shoes sich kontinuierlich weiterentwickelt. Mit ihrem aktuellen Album haben sie es geschafft, die Energie, die ihre Liveauftritte auszeichnet, noch mehr in die Studiokonserve zu pressen als bisher. „Wir wollten Songs aufnehmen, die wir so 1:1 auch live spielen können“, so Carter. Tourneen sind immer noch das Wichtigste für die Musiker, zwischen denen manchmal die Fetzen gehörig fliegen. Vor ein paar Jahren hatten sie sich nach einem Konzert in Prag so zerstritten, dass die Band vor der Auflösung stand. „Das passiert, wenn man so lange so viel Zeit miteinander verbringt“, erklärt Carter gelassen. Bei den wenigen Auszeiten, die ihr Terminkalender zulässt, gehen sie ihre eigenen Wege, Ansell in Brighton, Carter in London. Doch demnächst werden sie wieder viel aufeinanderhocken: Im April und Mai touren sie durch Europa und die USA und dann beginnt auch schon die Festival-Saison. Carter: „Es macht immer noch viel Spaß. Das ist Antrieb genug weiterzumachen.“

Blood Red Shoes Sa 12.4., 20.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstraße), Feldstraße 66, Karten 24,85 im Vvk., www.bloodredshoes.co.uk