In „Die Fahnderin“ legt Katja Riemann als resolute Ermittlerin Steuersündern das Handwerk und wehrt sich gegen korrupte Vorgesetzte

Die Methoden von Karola Kahane sind ungewöhnlich. Bei einem handverlesenen Sonderverkauf für Oldtimer und Sportwagen steigt die Steuerfahnderin kurzerhand aufs Podium und konfrontiert die Kunden mit dem Verdacht der Steuerhinterziehung, denn bezahlt wird in dem Autohaus nur bar. „15 auf einen Streich“, sagt sie später zufrieden zu ihrem Mitarbeiter Hartl. Als „kompromisslos, penibel, stur und ohne jegliches diplomatisches Gespür“ wird Kahane von ihren Vorgesetzten beschrieben. Die Schauspielerin Katja Riemann hat sich für diese Rolle eine dunkle Perücke mit einem tiefen Pony und eine große Brille aufgesetzt, um möglichst abweisend zu wirken. Doch ihre Karola Kahane ist schlagfertig, ohne Angst und zutiefst von ihrer Arbeit überzeugt.

Als ihr eine CD aus der Schweiz mit den Daten von Steuersündern zugespielt wird, sucht sie sich den wichtigsten und mächtigsten Verdächtigen aus, um gegen ihn zu ermitteln. Benedikt Sämann (Alexander Held) ist ein Mann von tadellosem Ruf und Verbindungen bis hinauf zur Ministerebene. Doch Kahane schreckt das nicht.

„Die Fahnderin“, von Stefan Dähnert geschrieben und von Züli Aladag in Szene gesetzt, passt glänzend in die aktuelle Zeit, in der immer noch über den Fall Hoeneß diskutiert wird – das Beispiel eines Mächtigen, der wegen seiner steuerlichen Verfehlungen in den Knast wandert. Doch bevor der Fabrikant Sämann verurteilt wird, geht es mit harten Bandagen zur Sache. Dähnert und Aladag zeigen, mit welchen schmutzigen Tricks der Beschuldigte und seine windigen Anwälte arbeiten, um ihrerseits Steuerfahnder und Staatsanwälte unter Druck zu setzen. In diesem Fall geht es sogar bis zu Erpressung, Einbruch und persönlicher Verunglimpfung. Auch korrupte Vorgesetzte möchten die resolute Fahnderin und ihr engagiertes Team am liebsten aus dem Verkehr ziehen.

Die aktuellen Fälle haben Autor und Produzenten inspiriert, sich des Themas anzunehmen. Zum ersten Mal hatte 2006 ein ehemaliger Mitarbeiter einer Bank in Liechtenstein dem Bundesnachrichtendienst Informationen über illegale Steuerpraktiken von deutschen Kunden angeboten. In den folgenden Jahren kauften deutsche Behörden wiederholt CDs mit brisanten Daten an. Prominente wie der Postchef Klaus Zumwinkel und Ex-„Zeit“-Chefredakteur Theo Sommer wurden verurteilt, Tausende von Steuersündern nutzten die Möglichkeit der Selbstanzeige und bescherten dem Fiskus nachträgliche Einnahmen in Millionenhöhe, die ihm sonst entgangen wären. Dass Steuerfahndung kein stinklangweiliges Geschäft sein muss, dass aufwendige und akribische Recherchen notwendig sind, um zum Erfolg zu kommen, zeigt „Die Fahnderin“.

Aladag und Dähnert machen aus einem auf den ersten Blick etwas drögen Thema einen spannenden und unterhaltsamen Film. Das erreichen sie durch die Figurenkonstellation ihrer Geschichte. Zwar steht Karola Kahane auch mit ihren privaten Problemen im Mittelpunkt der Geschichte, doch sie braucht für den „Fall Sämann“ ein Team. Das sieht allerdings auf den ersten Blick alles andere als schlagfertig aus. Klaus Hartl (Maxim Mehmet) ist Kahanes rechte Hand und ein gescheiter und loyaler Mitarbeiter. Der tapsige Jochen Busse (Heiko Pinkowski) ist der zehnte Kollege, den Kahane bei der Teambildung anspricht. Der bärtige Mützenträger sieht eine Chance, sich zu profilieren, auch wenn er nicht erste Wahl ist und der schlechte Ruf der Chefin die neun Kollegen vor ihm abgeschreckt hat. Vierter dieser Truppe ist der junge Staatsanwalt Florian Hofmann (Albrecht Abraham Schuch). Der Generalstaatsanwalt (Götz Schubert), der Fahnderin inoffiziell eng verbunden, sagt über das Milchgesicht, er sei „sein bester Mann“. Auch er gewinnt schnell das Vertrauen von Kahane und ihrer hübschen Tochter Hannah (Sarah Horváth).

Katja Riemann, in den Medien oft als Zicke verschrien, gibt ihren Kritikern in dieser Rolle genau die gewünschte Vorlage und spielt selbstironisch mit diesem Image. Sie verkörpert eine Frau mit XXL-Haaren auf den Zähnen, die Vorgesetzten über den Mund fährt und durch und durch sperrig ist. Im Umgang mit ihrer Tochter zeigt diese sie jedoch eine große Verletzlichkeit, außerdem ist sie eine erstklassige Teamplayerin. Dass „Die Fahnderin“ bei aller Brisanz ein sehr unterhaltsamer Fernsehfilm geworden ist, liegt auch daran, dass Kahanes Mitarbeiter nicht nur Mitläufer sind. Regisseur Aladag und die Schauspieler schaffen eine ausgewogene Balance zwischen Spannung und Humor.

„Die Fahnderin“ Mi 26.3., 20.15, ARD anschließend: „Plusminus extra: Fiskus, Bürger und Betrüger – wie der Staat Steuern eintreibt“