Hamburg. Prägnanz ist in der Musik ein erstrebenswertes Ziel. Wer allzeit konturiert und kontrastbetont spielt, macht es sich nicht bequem, ist vor Gefühligkeit gefeit und zeigt, dass er Hürden in der Partitur sportlich zu nehmen vermag. Solcherlei Geist treibt das kammerorchesterbasel an, das seine designermäßige Ästhetik schon in der Schreibweise seines Namens kundtut. Am Freitag gastierte das vor 30 Jahren gegründete, in denkbar schlanker Besetzung auftretende Orchester aus der Nordschweiz mit einem reinen Mozart-Programm in der Laeiszhalle. Dass selbst der Name der Gastsolistin Sabine Meyer das Haus nicht füllte, überraschte. Gilt sie doch als Inbegriff der Virtuosin alter Schule, als Top-Instrumentalistin auf der Klarinette, auch interpretatorisch von hohem Format.

Hinzu kam mit Polina Pasztircsák eine (bei uns) noch kaum bekannte Sopranistin, deretwegen, obwohl sie nur zwei Arien sang, der Abend am ehesten in Erinnerung bleiben wird. Zwar blieb ihre Stimme in den tieferen Lagen der Arie „Non più di fiori“ aus „La clemenza di Tito“ den Glanz schuldig, den sie in der Höhe entfaltete; dort aber sang sich Pasztircsák mit Präzision, Frische und einem sehr angenehmen Timbre ziemlich mühelos in die Herzen der Zuhörer.

Sabine Meyer und das Orchester passten insofern gut zusammen, als beide musikalisch mit einigem Aufwand deklamieren, ohne sich doch wirklich zu öffnen. Kosmetisch gesprochen scheint es, als überzögen sie die Musik mit einer Fältchencreme. Seelische Unebenheiten, offene Fragen, Abgründe verschwanden unter einer Schicht aufgetragener Dauerfrische. Das Dilemma dabei: Man will ja gerade die Verletzlichkeit hören, die Erschütterungen.

Sportiv gespielt, aber ohne Tiefe, verliert der ach so heitere Mozart all die kostbaren emotionalen Fallmomente. Am stärksten spürbar in der g-Moll-Sinfonie Nr. 40, deren Sätze das kammerorchesterbasel scheibchenweise über die zweite Konzerthälfte verteilt darbot. (Das sollte historisch sein, alles übrige Konzertgebaren verharrte freilich im 19. Jahrhundert.) Im Finale kamen die Musiker dem unnötig eilenden Tempo (Dirigent Andreas Spering) kaum hinterher. Und der herrliche, seelentiefe, langsame Satz: Pardon, aber das war gebotoxter Mozart.