Katja Petrowskaja wurde 1970 in Kiew geboren, Deutsch lernte sie erst spät – jetzt schreibt sie in dieser Sprache funkelnde Sätze. Ihr Roman „Vielleicht Esther“ (Suhrkamp, 285 S., 19,90€) ist kein richtiger im Sinne einer erfundenen Geschichte mit Spannungsbogen und Hauptfigur, sondern ein Panorama des mörderischen 20. Jahrhunderts mit autobiografischer Farbgebung. Es sind in Schwarz und Weiß gehaltene Aufnahmen, die Petrowskaja in Sprache übersetzt: Spuren der jüdischen Familie, die über Europa verstreut lebte, aus der viele von den Nazis ermordet wurden. Die Annäherung in eigenen und fremden Erinnerungsfragmenten bleibt aufgrund der Tragik verstörend, schön ist: wie die Toten dem Vergessen entrissen werden.