Frankfurt am Main. Der „Stern“-Reporter Hans-Martin Tillack wehrt sich gegen Vorwürfe, Journalisten hätten im Fall Christian Wulff vorschnell unhaltbare Vorwürfe erhoben. „Mit Verlaub, das ist grober Unfug“, schreibt der Enthüllungsjournalist, der seit vielen Jahren für das Hamburger Magazin tätig ist, in einem Beitrag für das aktuelle „medium magazin“. „Keine einzige Zeile meiner Artikel wurde vor Gericht attackiert.“ In den Beiträgen sei es nicht um „Klein-Klein“ gegangen, sondern um millionenschwere Geschäfte. „Mich stört die Nonchalance, mit der jetzt einige Journalisten eine regelrechte neue Meute des Ermittler- und Journalisten-Bashings schaffen“, so Tillack in seinen Ausführungen. Neben der „Bild“-Zeitung war er einer der Ersten, die über den umstrittenen Hauskredit des einstigen Staatsoberhaupts berichtet hatten.

Der inzwischen vom Vorwurf der Vorteilsnahme freigesprochene Ex-Bundespräsident hat laut Tillack in seinen Aussagen vor Gericht vieles zugegeben, was er in Statements zuvor bestritten habe. „Ich finde daher nicht, dass ich mich als Journalist heute dafür entschuldigen muss, wenn ich Anfang 2012 ein bisschen den Respekt vor ihm verloren hatte und nicht bereit war, mich auch noch für eine Inszenierung der präsidialen Normalität auf Staatsbesuch in Italien einspannen zu lassen.“

Weite Teile der Medienlandschaft entzögen sich einer Debatte über ihre Fehler im Fall Wulff, meint dagegen Michael Götschenberg im „medium magazin“. Der Leiter des gemeinsamen Hauptstadtstudios von RBB, MDR, Radio Bremen und dem Saarländischen Rundfunk kritisiert, es seien übertrieben viele kleine Vorwürfe zusammengetragen worden, um Wulff ein Fehlverhalten nachzuweisen: „Nichts wurde unversucht gelassen, das Phantombild, das in den Medien von Christian Wulff erzeugt wurde, zu zementieren“, schreibt Götschenberg und weiter: „Trotzdem hält sich bis heute überwiegend die Ansicht, man habe in der Causa Wulff lediglich seine Arbeit gemacht. In Wahrheit jedoch wollte nahezu die gesamte Medienlandschaft ihren Teil vom Kuchen abhaben: Die Causa Wulff war nicht zuletzt schließlich auch ein Verkaufsschlager.“

Man sieht: Außergerichtlich bietet der Fall Wulff noch ausreichend Anlass für Debatten.