Brian Epstein war der Manager der größten Popband aller Zeiten. Ein fantastisch gezeichneter Panini-Comicband erzählt nun sein Leben

Hamburg. Auch 44 Jahre nach dem Ende der Beatles hören und lesen wir viel über den ominösen „fünften Beatle“, wobei nach wie vor keine Einigkeit darüber herrscht, wer die wahre Nummer fünf neben den Fab Four John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr war. Auf der Hand liegt natürlich der 1962 gestorbene Stuart Sutcliffe, mit ihm am Bass waren die Beatles von März 1960 bis Mai 1961 tatsächlich zu fünft. Auch Pete Best, Ringos Vorgänger am Schlagzeug, gehört zu diesem illustren Kreis. Nicht zu vergessen Produzent George Martin, der das Beste und noch viel mehr aus dem Talent der vier herauskitzelte und in den 60ern Jahr für Jahr förmlich für Quantensprünge in der Aufnahmetechnik und damit in der Popkultur sorgte.

Aber wenn es nur einen geben kann? „Wenn irgendjemand als fünfter Beatle bezeichnet werden sollte, dann Brian Epstein“, sagte Paul McCartney 1997 der BBC. Epstein, der übrigens Epstien ausgesprochen wird, war der Manager der größten Popband der Geschichte. Er besorgte der noch unbekannten Liverpooler Kellerkapelle den ersten Plattenvertrag, machte aus den ungehobelten Rockerlümmeln die geschniegelten Jungs in adretten Anzügen, hielt ihre Finanzen zusammen und räumte jede noch so große Hürde zur Seite, die auf dem Weg zum Superstarruhm im Weg stand. Ohne Brian Epstein hätte es kein „Love Me Do“, kein „Please Please Me" gegeben, keinen Auftritt in der Ed-Sullivan-TV-Show, mit dem die Beatles 1964 über Nacht Amerika im Sturm eroberten. Als Epstein 1967 – im „Sommer seiner Jahre“, wie die Bee Gees ihm zu Ehren sangen – starb, fehlte der Kitt, der die Beatles zusammenhielt, und aus den Fab Four wurden vier Einzelgänger, die wenig später getrennte Wege gingen.

Aber da Buchhaltung nicht gerade Rock ’n’ Roll ist, stand seine Lebensgeschichte, sowohl die öffentliche wie auch private, immer im Schatten der Strahlen, die auf die Beatles geworfen wurden und von ihnen umso gleißender reflektiert wurden. Die Comic-Biografie „Der fünfte Beatle: Die Brian Epstein Story“, im November 2013 bei Dark Horse Comics veröffentlicht und nun in deutscher Übersetzung (Panini Verlag) erschienen, würdigt nicht nur seine Rolle, sondern bringt auch Licht in das Dunkel seines Lebens. Der New Yorker Autor Vivek J. Tiwary, der als Produzent von Broadway-Pop-Musicals bislang 25 Tony Awards angesammelt hat, recherchierte akribisch Epsteins Werk und Wirken, sprach mit Zeitzeugen und entdeckte die so faszinierende wie tragische Geschichte eines einsamen Außenseiters.

Als Jude und Homosexueller fühlt sich Epstein ebenso unverstanden wie als Förderer der frühen Beatles, die er am 9. November 1961 bei einem Konzert im legendären Liverpooler Cavern Club erlebt und denen er sofort erliegt. Mit geradezu manischer Energie verfolgt er das Ziel, die Jungs größer als Elvis und zur berühmtesten Band des Planeten zu machen, auch wenn er dafür am Anfang noch ihre Aufnahmen aufkaufen muss, und das nicht nur in seinem eigenen Plattengeschäft, Northern End Music Stores (NEMS) in Liverpool.

Aber während er die Beatles immer weiter ins Rampenlicht schiebt, leidet er im abgeschiedenen Dunkeln. Die Liebe, die er finden will, muss er in Kellern voller Jungs und an düsteren Ecken suchen. Schon ein zu offener Blick auf einen hübschen Matrosen kann Prügel bedeuten, und die Hingabe zum blonden Beau „Dizz“ bezahlt er mit viel Geld und noch viel mehr Bitternis. Mit Depressionen. Mit immer mehr Drogen. Traumwelten und Wirklichkeiten, personifiziert in seiner hübschen wie rätselhaften Assistentin Moxie, sind kaum noch voneinander zu trennen. Seine Welt entgleitet ihm und damit auch das immer schwerer zu kontrollierende Beatles-Universum. Die nie wirklich pflegeleichten Jungs behaupten plötzlich, populärer als Jesus zu sein, und zerren an der langen Leine, an der Epstein sie hält. Sie selbst übrigens tauchen bis auf John Lennon, der die engste persönliche Bindung zu Epstein hatte, nur als Randfiguren auf, als eher schlichte, überdrehte Bengel, die den Ernst des Lebens kaum vor sich sehen. Auch Epsteins weitere erfolgreiche Schütz- und Zöglinge Gerry & The Pacemakers oder Cilla Black werden nur nebenbei erwähnt.

Dennoch ist „Der fünfte Beatle: Die Brian Epstein Story“ auch für Beatles-Laien lesens- und sehenswert. Denn die Bilder des Zeichners Andrew C. Robinson sind prächtig. Sein zackiger, kantiger Strich, der an Modezeichnungen und auch an den stilbildenden Cartoonisten Mort Drucker vom „MAD“-Magazin erinnert, verbindet Eleganz und Dynamik und macht jedes seiner kleinen Kunstwerke zum Genuss. Dagegen wirken einige von Kyle Baker gezeichnete Seiten, die das Chaos der Philippinen-Tournee 1966 – sie läutet das Ende der Beatles-Konzerte ein – vermitteln sollen, in ihrem naiven wie hastigen 60er-Jahre-Stil ärgerlich störend. Aber das vergisst der Leser, wenn Epstein in einer Episode auf Elvis Presleys Manager Tom Parker, den diabolischen „Colonel“, trifft. Spätestens hier zeigt sich ganz deutlich, dass Brian Epstein einer von den Guten war. Einer wie ein echter Comic-Held.

„Der fünfte Beatle: Die Brian Epstein Story“ Panini Verlag, 168 S.; www.paninicomics.de