Volker Albers schreibt an dieser Stelle regelmäßig über Kriminalromane

Es ist eine für ihn ungewöhnliche Geschichte, die Simon Beckett in seinem aktuellen Bestseller „Der Hof“ erzählt. Nichts Blutrünstiges gibt es, auch keinen David Hunter, den forensischen Anthropologen und Serienhelden. Alles ist anders. Becketts Protagonist ist diesmal ein junger Engländer namens Sean. Er scheint auf der Flucht zu sein, wovor, bleibt offen fast bis zum Schluss. Sean strandet im heißen Süden Frankreichs, tritt in einem Waldstück in eine rostige Eisenfalle, aus der er seinen verletzten Fuß nicht befreien kann – und erwacht auf dem Scheunenboden eines heruntergekommenen Hofes. Die beiden Töchter des bärbeißigen Hofbesitzers haben ihn vor dem Verbluten bewahrt. Doch etwas stimmt nicht mit diesem Hof und seinen Bewohnern, davon ist Sean bald überzeugt, ein dunkles Geheimnis ruht offenbar hinter den maroden Mauern.

den maroden Mauern. Die Töchter pflegen Sean gesund, dann wird Sean vom Hausherrn mit Restaurierungsarbeiten am Haupthaus beauftragt. An Flucht ist nicht zu denken, nur humpelnd kann sich Sean fortbewegen. Im Wald entdeckt er eine seltsame Ansammlung von mannshohen Marmorstatuen, auch der angrenzende See scheint etwas zu verbergen, das nicht ans Licht kommen darf, denn der Vater hat seinen Töchtern strengstens untersagt, in dem kühlen Seewasser zu baden. Beckett versteht es, ganz behutsam die Spannung zu schüren, mit kleinen atmosphärischen Tupfern, kurzen Szenen, Blicken, Stimmungen. Eigentlich passiert nicht viel, doch auch das Wenige weckt die Erwartung des Lesers auf das, was noch kommen mag. Zwischendrin schneidet Beckett Szenen, die einige Zeit zuvor in London spielen und davon erzählen, wie es zu Seans Flucht gekommen ist, führt diese Stränge schließlich schlüssig zusammen – und am Ende bleibt nur der Blick in Abgründe. Die Sonne über Südfrankreich ist unbarmherzig.

Simon Beckett: „Der Hof“. Dt. von Juliane Pahnke, Wunderlich, 461 Seiten, 19,95 Euro. Der Autor eröffnet am 4. November das Hamburger Krimifestival auf Kampnagel.