Der TV-Koch startete im ZDF seine neue Ernährungsshow „Rach tischt auf!“ Die Meinungen über die erste Sendung gingen in der Abendblatt-Redaktion weit auseinander. Hier ein Pro und Kontra zur Sendung.

Pro

von Oliver Schade

Informativ, unterhaltsam, kurzweilig – die neue Ernährungsshow mit Christian Rach im ZDF legte einen grandiosen Start hin. Schon die Eingangssequenz, als der TV-Koch ein halbes Schwein auf seiner Schulter in die zum Fernsehstudio umgebaute Fischauktionshalle am Hamburger Hafen transportierte, war ungewöhnlich und weckte Aufmerksamkeit. Später in der Sendung zeigte ein Schlachter, was so alles essbar ist an einem Schwein: „Ich verwerte jedes Teil.“ Gekonnt zersägte er das tote Tier, warf Nieren, Darm und Kopf nicht in den Müll, sondern erklärte gemeinsam mit Rach, in welchen Lebensmitteln und Alltagsprodukten Schwein enthalten ist. Unter anderem in Zahnpasta, Malstiften und sogar in Zigaretten. Tja, liebe nikotinsüchtigen Vegetarier: Ein Grund mehr, das Rauchen endlich aufzugeben.

Doch wer den Deutschen ihr geliebtes Fleisch wegnehmen möchte, bohrt dicke Bretter. Das zeigte sich bei Rachs Currywurst-Test. In einer Kaserne in Thüringen tischte er 100 Soldaten Currywurst mit drei verschiedenen Saucen auf. Die Aufgabe an die eingefleischten Wurst-Fans: Welche Sauce schmeckt am besten? Im Speisesaal in der Kaserne wurde eifrig über die unterschiedlichen Schärfegrade diskutiert. Was aber keiner merkte: Keine der Würste enthielt Fleisch. Die Soldaten waren sprachlos, nachdem Rach ihnen das vegetarische Geheimnis verraten hatte. Umso mehr mäkelten sie während des zweiten Tests, bei dem sie aus fünf verschiedenen vegetarischen Würsten die leckerste auswählen sollten. „Schmecken alle nicht“ und „fader Beigeschmack“ hörte man von den Soldaten aus dem Bundesland der Wurstexperten. Die Deutschen und ihre zementierten Essgewohnheiten.

Dazu gehört auch der Naschkram am Abend. 32 Kilogramm Zucker nimmt jeder Bundesbürger im Schnitt pro Jahr zu sich. Eine Zahl, die der eine oder andere bereits gelesen haben mag. Aber wer die mit dieser Menge Zucker gefüllte riesige Plexiglasröhre sah, die den Moderator Christian Rach überragte, der wird zumindest während der Sendung der Gummibärchen-Tüte widerstanden haben. Ein heilsamer visueller Schock ohne den im Privatfernsehen üblichen Ekelfaktor bei den vielen gestellten Diätshows, in denen Übergewichtige ihren Bauchspeck einem Millionenpublikum präsentieren.

Überraschend und Mut machend war dann der Test mit Vorschülern in einem Supermarkt. Die Fünfjährigen durften alleine ohne Mama und Papa Frühstück, Mittagessen und Abendbrot einkaufen. Rach beglich die Rechnung. Die Mädchen und Jungen steuerten nicht – wie erwartet – mit ihren Einkaufswagen sofort das Süßigkeitenregal an. Nein. Sie packten fleißig Äpfel, Bananen, Salat und Tomaten ein. Zwei Drittel der gekauften Produkte waren Obst oder Gemüse. Mehr davon! Und mehr Folgen „Rach tischt auf!“

Kontra

von Jörn Lauterbach

Kartoffelchips sind ungesund weil fettig, an der Supermarktkasse gibt es auf Augenhöhe Süßigkeiten als Quengelware für Kinder, in vielen Lebensmitteln ist Zucker verarbeitet, Kartoffeln haben weniger Kalorien als Nudeln – man muss schon viele Jahre der Aufklärung verpasst haben, um hier noch aufzuhorchen. Christian Rach und seine beiden Mitstreiter Dirk Steffens (eigentlich guter Typ, hier etwas nervig) und Andrea Kiewel (wohnt im Fernsehen, immer nervig) präsentierten diese und weitere abgezählt 20 Fakten über unser Essen in 90 Minuten aber auch noch in einer solch drögen Zubereitungsweise, dass man einen ordentlichen Fettbrand herbeisehnte.

Offenbar traute das ZDF seinem Neuzugang Rach, der auf RTL einer der Quotenkönige war und dieses durchaus mit Qualitätsfernsehen erreichte, nicht zu, eigenständig vor Publikum durch die 90 Minuten zu führen. Und so wurden ihm die beiden Fernsehgesichter zur Seite gestellt. Gemeinsam trugen sie in auswendig gelernten Drehbuchtexten ihr gesammeltes Wissen vor: 800 Millionen Currywürste verzehren die Deutschen pro Jahr, viele davon entstammen den 58 Millionen geschlachteten Schweinen, 32 Kilogramm Zucker werden auch per anno verdaut oder in Fettröllchen abgelagert. Nicht alles behalten? Egal. Am Ende jeder Einheit trug das wissende Trio seine Erkenntnisse unter dem Vorzeigen kleiner Täfelchen noch einmal vor, wie einst im Schulfernsehen auf Bayern 3. Hefte raus, Klassenarbeit.

Rach trägt bei alldem nicht nur schwer an einer Schweinehälfte, die er bei seinem Einmarsch vor dem Premierenpublikum in der Hamburger Fischauktionshalle über die Schulter gelegt hat. Er ist ein kluger Mensch, aber kein Unterhalter, und in seinem Lederjäckchen wirkt er so, als wollte er am liebsten im nächsten Augenblick gehen und „Kiwi“ einfach weiter allein unlustig sein lassen. Seine Stärke sind die Einspielfilme, wenn er auf die Spur der Aquakultur-Lachse geht oder Soldaten Veganer-Würste unterjubelt und direkten Kontakt zu den Menschen hat. Übrigens war auch Kiewel mit Kamera unterwegs: In einem Kartoffelkeller stellte sie dabei fest, dass es dort nach Keller und Kartoffeln riecht und dass junge Menschen lieber Nudeln essen, was irgendwie schade ist. Steffens hingegen reportiert in seinem Außeneinsatz, dass Kantinenbesucher in Begleitung von sechs Kollegen doppelt so viel essen wie alleine. Bei 14 Kollegen sollte man also vorher die Rettungskräfte alarmieren.

Am 6. März gibt es eine weitere Folge. Thema dann: Tomatensoße.