Zeig mir, wie du arbeitest, und ich weiß, wo du lebst: Der Bildband „Arbeit“ dokumentiert, wie Menschen arbeiten müssen. Oder wollen.

Sie ist Fluch und Segen, kann Lebensinhalt sein und lebensgefährlich. Je länger man über Arbeit und ihre vielen Formen nachdenkt, desto faszinierender ist dieses Thema. Wie das Verdienen von Geld aussehen kann und unter welchen Umständen es geleistet wird, hat sich in den letzten Jahrzehnten, wieder einmal, radikal verändert. Das Internet ist ein allwissendes Paralleluniversum geworden, das sich über den Globus spannt, mit ganz neuen Aufgaben und Risiken. Während viele von uns sich nicht mehr in eine auch nur halbwegs computerfreie Zeit zurückdenken können, besteht ein Großteil der Arbeit auf dieser Welt nach wie vor aus Handgemachtem. Anstrengende, archaische, ehrliche Arbeit, weil jeder am Ende des Tages sieht, was er geschafft hat, um dort weiterzuleben, wo er ist. Oder – falls das möglich ist – dorthin zu entkommen, wo er lieber sein möchte.

Die Fotos aus aller Welt, mit denen der Bildband „Arbeit“ aufwartet, wirken so unterschiedlich, als wären sie aus verschiedenen Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden. Dem Fotografen Stefan Pielow ist beim Graben durch Bilderberge eine Auswahl gelungen, die radikal ehrlich ist. Gut ein Jahr dauerte es, bis das Endprodukt vorlag. Warum ein Bildband über dieses Thema? Die Antwort des Hildener Verlegers Ralf Joest: „Wegen der menschlichen Komponente. Mir fiel immer wieder auf, wie unzufrieden viele Menschen mit ihrer Arbeit sind. Es ist ein guter Prozess, wenn sich relativiert, dass man eine ganz arme Sau ist, weil man eine Stunde lang Akten wegarbeiten muss.“

An manchen Arbeitsplätzen, die hier gezeigt werden, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Das kann man Tradition nennen, Erfüllung oder Fluch. Vielleicht aber auch Glück. Bei anderen Momentaufnahmen stockt einem der Atem wegen der Zustände, die gezeigt und von den Bildtexten erklärt werden. Menschen werden brutal und ausweglos ausgebeutet, sie sind gefangen im Hamsterrad und verdienen nur Hungerlöhne bei ihren Knochenjobs. Sie sind nur Arbeitsmaterial. Andere dürfen genießen, was sie tun, weil sie eins mit sich und ihrer Arbeitswelt sind. Wirklich gerecht ist all das nur sehr selten, doch andererseits: Wer erhält schon als Lohn, was er verdient?

„Arbeit“, Hg. von Stefan Pielow, Texte von Emanuel Eckardt. 240 S., 49,95 Euro. Becker Joest Volk Verlag