Hamburg. Mehr Erfolgsdruck, als Karin Beier ihn sich für ihren spektakulären Start als Schauspielhaus-Intendantin selbst auferlegt hat, ist kaum denkbar: Sie ist neu an einem Haus, das frisch aus einer Umbauphase kommt, die mit einem folgenreichen Unfall verheerend verlängert wurde. Er machte alle ursprünglichen Probenpläne zunichte und belastete die Nerven. Sie ist nicht nur Intendantin am größten Sprechtheater Deutschlands, sondern auch eine Hoffnungsträgerin, die das lädierte Image nach mehreren bescheidenen Jahren aufbessern soll.

Beier ist nicht nur planende Hausherrin, sondern inszeniert auch selbst. Wenn an diesem Sonnabend die Premiere von „Die Rasenden“ beginnt, werden wohl auch sehr viele Intendanten-Kollegen aus ganz Theater-Deutschland anwesend sein. Und sehr viele Kritiker, die der „Neuen“ an der Kirchenallee entgegenwarten, erst recht, weil sie das Haus kaum noch auf ihrem Rezensionsradar hatten.

Die Liste der Risikofaktoren ist damit aber noch nicht beendet. Karin Beiers drei prominente Vorgänger begannen mit von ihnen ausgewählten Regie-Arbeiten. Frank Baumbauer startete 1993 mit zwei Produktionen: Anselm Webers Inszenierung von Rainald Goetz’ „Kritik in Festung“ und Jossi Wielers Version von Elfriede Jelineks „Wolken. Heim“. Tom Stromberg präsentierte sich 2000 mit Helmut Kraussers „Haltestelle. Geister“, inszeniert von Jan Bosse; Sarah Kanes „Gier“ von Ute Rauwald, Ingrid Lausunds „Die Unsterblichen“ und „The Show must go on!“ von Jérôme Bel. Friedrich Schirmer brachte 2005 Ibsens „Die Frau vom Meer“ von Jacqueline Kornmüller.

Beiers eigene Inszenierung von „Die Rasenden“ jedoch ist eine Maßarbeit, eine Kombination aus Stücken von Euripides und Aischylos und Hugo von Hofmannsthal, angereichert durch musikalische Anteile, die das Ensemble Resonanz beisteuert. Wenn Beier also irgendwann nach Mitternacht „ihre“ neue Bühne betritt, um sich mit ihrem Ensemble dem Publikum und seinen Reaktionen zu stellen, ist klar, wem die dann gelten. Und warum.