Der Weihnachts-„Tatort“ aus Weimar sollte lustig werden – denn Christian Ulmen und Nora Tschirner sind das neue Ermittlerduo

Hamburg. Das Mordopfer, so erzählt es der Sohn, habe sich an seinem Todestag eigentlich auf einen „ruhigen Abend“ gefreut und den „Tatort“ sehen wollen. Es kam leider ihr eigener Tod durch Erwürgen dazwischen, und es kann da eigentlich kein Trost sein, dass sich die eigene Krimileidenschaft so metaphorisch überhöht, wie es sich für die Premiere der Klassikerstadt Weimar in der Klassiker-ARD-Reihe wohl gehört. Der ermittelnde Kommissar heißt nun auch noch Lessing (gespielt von Christian Ulmen); er reist aus der wahren Lessingstadt Hamburg in die thüringische Goethe/Schiller-Metropole, um gemeinsam mit seiner schwangeren Kollegin Kira Dorn (Nora Tschirner) den Fall zu lösen – wobei es lange Zeit gar nicht so klar ist, ob es einen solchen überhaupt gibt, denn die Leiche taucht erst spät auf, verschwindet dafür aber auch nicht wieder, sondern geistert erstarrt und schockgefroren durch diverse Einstellungen.

Es ist also mal wieder alles anders in diesem neuen „Tatort“, der als einmaliges Weihnachtsspecial geplant war, jetzt aber wohl doch wenigstens eine weitere Folge geben wird mit dem Ermittlerduo, das sich, wie sich ebenfalls erst spät im Film herausstellt, weit besser kennt als lange Zeit angenommen. Wobei sich mittlerweile die Frage stellt, was genau die „Tatort“-Reihe denn noch sein will: Krimi oder Comedy? Mit Jan Josef Liefers, Axel Prahl, Ulrich Tukur, Til Schweiger, Devid Striesow und jetzt Christian Ulmen sind zwar viele der bekanntesten deutschen Schauspieler ermittelnd tätig, aber in ihrem Hang, sich selbst nicht gänzlich den Gewohnheiten des Metiers zu unterwerfen, ist schon kaum noch zu unterscheiden, was Grundidee und was Spielart ist.

Jetzt also die Variante mit beliebten und noch halbwegs jungen Schauspielern und mit Spaß-Ansatz, nicht ganz so kalauernd wie die Münsteraner Variante mit Boerne/Thiel, sondern eher englisch-schwarz in der Humorfarbe. Der Verantwortliche MDR spricht von einer „skurrilen Geschichte“. Bei der Vielzahl der Versuche der schnellen Satzakrobatik gelingt manches, aber oft dümpelt es auf mittlerem Niveau. Als in einem Nebengeschichtchen ein toter Marder im Kühlerbereich des Polizeifahrzeugs gefunden wird, soll über das Wortspiel „Selbstmarder“ gelächelt werden, und in einer Vernehmung sagt die Kommissarin zur Verdächtigen: „Ihr Vater würde sich im Grabe umdrehen“, woraufhin die Befragte erwidert, dass der Vater ja noch lebe. Darauf die Kommissarin: „Deswegen sagte ich ja auch würde.“ Nun gut. Man muss die lakonische Art von Christian Ulmen, der sehr ähnlich wie in „Herr Lehmann“ oder der Polizeiserie „Dr. Psycho“ agiert, schon sehr mögen – und für Nora Tschirner, bekannt aus dem Schweiger-Film „Keinohrhasen“, gilt das fast noch mehr.

Ihr Fall „Fette Hoppe“ atmet aber trotz der frischen Besetzung viel typisches Lokalkolorit, unter den Verdächtigen ist ein Touristendroschkenfahrer (sehr schön: Dominique Horwitz) und der Sohn der getöteten Wurstfabrikantin, deren Firma ihren Ruhm einer Spezialgewürzmischung für thüringische Bratwurst (eben der „Fetten Hoppe“) verdankt. Viele haben ein Motiv, die unbeliebte Chefin aus dem Weg zu räumen; dazu gehört dann auch noch die Leiterin des Gewerbeamtes, die wiederum mit Kutscher und der Wurstdynastie über Kreuz liegt. Ohnehin kennt da in Weimar jeder jeden, ganz wie in den Zeiten der Klassik.

Mit der Münster-Ausgabe von Deutschlands bekanntester Krimireihe wollen sich Ulmen und Tschirner übrigens nicht messen lassen. „Weder Christian noch ich haben jemals einen Münster-‚Tatort‘ gesehen“, sagte Tschirner bei der Vorstellung ihres Falls, und Ulmen ergänzt: „Das hier ist der Weimar-,Tatort‘, das ist die fette Hoppe.“ Und am Ende jagt er als Lessing den Täter durch das Stadttheater, in dem gerade eine Schiller-Gala mit allerlei Perücken gefeiert wird. Ob das dem Mordopfer so gefallen hätte?

„Tatort“ Weimar: „Die fette Hoppe“, Do 26.12., 20.15 Uhr, ARD