Wenn es Pinocchio nicht gäbe, müsste man die Figur erfinden, schon aus pädagogischen Erwägungen. Leichthändig hat sein Schöpfer Carlo Collodi im späten 19. Jahrhundert an den Abenteuern der kleinen Holzpuppe die zeitlos gültigen Bedingungen des Menschseins durchdekliniert, als großen, beseelten Spaß und ohne je einen moralinsauren Zeigefinger zu erheben.

Nun hat die ARD den unzähligen Verfilmungen eine weitere hinzugefügt, die in zwei Teilen an den beiden Weihnachtsfeiertagen zur Kinder-Primetime ausgestrahlt wird. Die Besetzung könnte prominenter kaum sein; mit am Start sind Sandra Hüller, Ulrich Tukur, Inka Friedrich, Benjamin Sadler und allen voran Mario Adorf als Inkarnation des Spielzeugmachers Geppetto, der aus einem ihm ganz buchstäblich zugelaufenen Ast eine Holzpuppe schnitzt, deren Vater er fortan ist.

Besonders stolz ist der Sender auf die 3-D-Animationsfigur, die, wie Programmdirektor Volker Herres sagte, „das Bild dieser Figur über die Jahre hinaus prägen wird“.

Mal schauen. So differenziert Pinocchios Mimik ist und so weich die Bewegungen – gerade dadurch verwischt doch der Grundgedanke einer Holzfigur, die sich eben erst allmählich in die Menschenwelt einfühlen lernt, auch wenn sie unbedingt ein Junge aus Fleisch und Blut sein möchte. Den riesigen Augen sieht man allzu sehr an, dass sie ihren Träger über den uralten Trick des Kindchenschemas in die Herzen der Zuschauer katapultieren soll. Weniger wäre da mehr gewesen. Und warum die Grille, die Pinocchio bewohnt und ihn mit ihren Kommentaren des Öfteren auf den rechten Pfad zurückbringt, den Augenaufschlag und die Taille eines RTL-Sternchens haben muss, das erschließt sich gleich gar nicht.

Ansonsten ist die Geschichte mit großer Ruhe und Gespür für Zwischentöne auserzählt: Die Dorfbewohner sind arme, aber glückliche Menschen und sagen unentwegt „buongiorno“ und „grazie“ (sonst sprechen sie aber deutsch), genauso deutlich sind die Figuren angelegt.

Das mag Erwachsenen manchmal etwas überdeutlich vorkommen. Aber Kinder brauchen das so.

„Pinocchio“ 25. und 26. Dezember, jeweils 16.10 Uhr, ARD