Der Däne gilt als Begründer des Existenzialismus und wurde vor 200 Jahren geboren. Arte zeigt deshalb das Doku-Spiel „Kierkegaard – Gefährliche Gedanken“ von Wilfried Hauke.

Hamburg. „Ich stecke den Finger ins Dasein. Es riecht nach nichts“, schrieb der Schriftsteller und Philosoph Søren Kierkegaard. Optimistisch klingt anders. Aber der Däne, der als Begründer des Existenzialismus gilt, ist auch nicht unbedingt als Frohnatur bekannt geworden. Vor 200 Jahren wurde er geboren. Arte zeigt deshalb das Doku-Spiel „Kierkegaard – Gefährliche Gedanken“ von Wilfried Hauke. Axel Milberg ist der Erzähler.

Kopenhagen war seine Stadt. Nur 120.000 Einwohner hatte sie im Jahr 1840, kurz vor Kierkegaards Tod. Sie war laut, es roch vielerorts nicht gut. Kierkegaard war ein genauer Beobachter, hätte dort gern „am liebsten jeden Winkel“ beschrieben. Viel gereist ist er in seinem Leben nicht, er war allerdings einmal in Berlin. Dorthin, aber auch nach Paris und New York nimmt Hauke den Mann mit, der sich schon vor mehr als 150 Jahren mit Fragen beschäftigte, die noch heute aktuell sind. Der Däne grübelte über die Verantwortung jedes Einzelnen für sich selbst, über Zweifel, Angst und den Verlust von Liebe. In seinen Tagebüchern schrieb er, das Leben müsse vorwärts gelebt, aber rückwärts verstanden werden.

„Er war hochbegabt, kompliziert, ironisch, ein klein bisschen wahnsinnig, sehr sensibel und hoch emotional“, fasst die amerikanische Autorin Siri Hustvedt ihre Eindrücke über ihn zusammen. Kierkegaards existenzialistisches Gedankengut beeinflusste Denker und Autoren wie Sartre, Kafka und Camus.

Der Kieler Regisseur Hauke, der schon das Struensee-Doku-Drama „Eine königliche Affäre“ inszenierte, stellt Szenen aus dem Leben des Denkers nach und betont dabei die Aktualität von Kierkegaards Überlegungen. Der Däne hat sich oft mit seinem strengen Vater auseinandergesetzt. Mehrere seiner Geschwister starben, Sören war das jüngste Kind. Der Vater prophezeit ihm, nicht älter als 33 Jahre zu werden. Tatsächlich starb er 1855 mit 42 Jahren. Seine Mutter erwähnte er nie.

Kierkegaard hatte zur Sexualität ein kompliziertes Verhältnis

Kierkegaard studierte Theologie. Der wie ein Dandy auftretende Philosoph war aber auch ein Flaneur, der sich mit der schönen Regine verlobte. Er erklärte öffentlich: „Meine Verlobung ist dialektisch.“ Zur Sexualität hatte er ein kompliziertes Verhältnis, zog abstrakte Liebeserfahrungen vor, schaute sich lieber immer wieder den „Don Giovanni“ an. Dann löste er die Verbindung wieder, obwohl er Regine immer noch mochte. Fast täglich sah er sie auch nach der Trennung. Sie heiratete schließlich und ging mit ihrem Ehemann in die Karibik. Er machte sie später zur alleinigen Erbin.

Kierkegaard schrieb über Angst, Liebe und Opferbereitschaft. Einen besonderen Stellenwert hatte sein Wettern gegen die verkrusteten Strukturen der Kirche. Er forderte, dass die Gläubigen radikaler und mühsamer über diese Themen nachdenken sollten, das machte ihn nicht populärer. Hustvedt meint: „Er wollte, dass die Menschen verstehen, wie verdammt schwer Glauben ist.“ Dabei hat er es sich auch selbst nicht leicht gemacht. Der Mann, den seine Zeitgenossen am Ende seiner Tage schon in Karikaturen verspotteten, fand irgendwann: „Das Leben ist Krempel und Unsinn.“

„Kierkegaard – Gefährliche Gedanken“ Mi 21.55 Uhr, Arte