In „Seegrund“ bekommt es der Kommissar mit einem lebendigen Toten zu tun

Was soll man davon halten, wenn ein Chef inmitten der Arbeitshektik folgenden Satz sagt: „Das Gehirn denkt, wie der Magen verdaut.“ In diesem Fall ist der Chef Direktor der Polizeidirektion in Kempten im Allgäu und seinem bedenkenswerten Satz schiebt er noch erklärend nach: „Schopenhauer, Kluftinger, Schopenhauer!“ Ein Chef also, der es mit den Philosophen hält und weniger mit dem, was aktuell zu tun ist. Das überlässt er dem Kluftinger, dem das aber egal ist, schließlich hat der ein dickes Fell und das mit den Philosophen, das beeindruckt Kluftinger, den sturen Hund, schon mal gar nicht.

Herbert Knaup spielt auch in „Seegrund“ den Kommissar Kluftinger, in dieser dritten und gelungensten Verfilmung in der Regie von Rainer Kaufmann eines Alpenkrimis von Michael Kobr und Volker Klüpfel. Knaup ist die ideale Besetzung für diesen knorrigen, so unbeholfen wirkenden Ermittler, der es eigentlich eher beschaulich mag, kulinarisch über den Kässpatzen-Horizont nicht hinauskommt und sich ganz fürchterlich aufregen kann.

Etwa dann, wenn er bei einem Sonntagsspaziergang an einem See einen Toten findet, der sich als gar nicht tot herausstellt. Wenn schon eine Leiche, dann, bitt’ schön, auch eine richtige. Und es ist ja nicht nur dieser lebende Tote, der Kluftinger zu schaffen macht. Ein wenig ist es auch die neue Freundin seines Sohnes Markus (Frederic Linkemann). Die heißt Yumiko (Joy Maria Bai), kommt aus Japan und wird von allen nur Miki gerufen, was Kluftinger so gar nicht versteht. „Ich sag Michaela zu ihr, Miki klingt doch wie ein Nagetier“, tut er der Familie kund.

Wesentlich mehr Sorgen aber bereitet ihm die forsche Kollegin Friedel Marx. Da die vermeintlich Leiche nämlich auf dem Hoheitsgebiet der Dienststelle Füssen gelegen hat, sind auch die dortigen Kollegen in Person der Kommissarin Marx zuständig. Die kommt in einem knallroten Sportwagen angebraust, Zigarillo rauchend und mit einem schiefen Lächeln im Gesicht, aus dem die Verachtung für alles Provinzielle nur so trieft. Da graust es dem Kluftinger schon mächtig. Catrin Striebeck spielt die Kommissarin wunderbar grotesk überzeichnet als Karikatur männlichen Machogehabes.

Auch mit dem, was Kluftinger am See gefunden hat, kommt er nicht klar: ein seltsames Zeichen, das einen Kreis mit drei Haken daran zeigt. Ein mythologisches Symbol? Der Verletzte war ein Taucher, der die Bakterienschicht des Sees wissenschaftlich untersuchen sollte. Eine weitere Spur führt zurück in die deutsche Vergangenheit: Die Nazis betrieben damals offenbar geheime Forschungen an jenem See, wovon nur noch eine Gruppe alter Männer im Dorf zu erzählen weiß. Und ein Ökofreak, der in einer Blechhütte am Seeufer haust und esoterische Seminare gibt, führt die Ermittler schlussendlich zur Lösung des kuriosen Falls.

Es gibt einige schöne Ideen in dieser Kriminalgroteske. Die schönste ist der Verhörraum: Da das Kemptener Kommissariat umgebaut wird, ist er eine aus Spanplatten provisorisch zusammengenagelte Zelle, die so eng ist, dass Kluftinger kaum darin stehen kann. Ein wunderbares Bild für die provinzielle Enge, die Kluftingers Welt ist.

„Seegrund“ Do 28.11., 20.15, ARD