Peter Ruzicka liefert zwei starke eigene „Übermalungen“ und ein entbehrliches Frühwerk

Hamburg. In einer lebensgeschichtlich gegenläufigen Bewegung, von der Bahre bis zur Wiege, verlief der dramaturgische Bogen des Philharmonischen Konzerts, das Peter Ruzicka gestern Vormittag zum nahenden Ausklang des Jubeljahrs für Richard Wagner in der Laeiszhalle dirigierte (Wiederholung heute um 20 Uhr). In der ersten Hälfte verknüpfte Ruzicka zwei „Übermalungen“ genannte eigene Werke, „Über Unstern“ aus dem Jahr 2011 mit „R.W.“, das als Auftragskomposition der Philharmoniker seine Uraufführung erlebte. Beiden Stücken liegen späte Klavierstücke Franz Liszts zugrunde, „Unstern! – Sinistre“ und „Am Grabe Richard Wagners“. Das ausgezeichnet präparierte Orchester ließ unter Ruzickas besonnener Stabführung zwei mächtige, dabei filigran konstruierte Klangfelder von intensiver Farbigkeit entstehen. „R.W.“ legte mit der Reflexion mehrerer aus dem „Parsifal“ stammender Motive, die Wagner bei Liszt abgekupfert hatte, mit Glockenklang und dem düstren Gestus von Liszts Grabgesang auf den frühen Freund und späten Schwiegersohn eine emotional überraschend starke Spur.

Anschließend sang die amerikanische Mezzosopranistin Michelle DeYoung die von Hans Werner Henze schlank instrumentierte und gegenüber dem Original eine Terz tiefer gelegte Fassung von Wagners „Wesendonck-Liedern“ – textverständlich, klangschön, dunkel eingefärbt und in den tieferen Regionen etwas zu leise. Nach der Pause kam eine Rarität, die gewiss auch eine bleiben wird. Es ist weder musikgeschichtliche Willkür noch ungerecht, dass Wagners mit 19 Jahren komponierte C-Dur-Sinfonie kaum aufgeführt wird. Das Stück hält dem Test der Zeit einfach nicht stand.