Am Thalia Theater beleben den „Jedermann“ zwei grandiose Solokünstler

Alljährlich stirbt der „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal bei den Salzburger Festspielen einen opulent aufbereiteten, jüngst dezent modernisierten Tod vor dem Dom. Seit 1920 erfreut sich das Mysterienspiel beim Festivalpublikum ungebrochener Beliebtheit. Auch die Hamburger haben ihr eigenes Verhältnis zur Geschichte des Spiels vom „Sterben des reichen Mannes“. Die hanseatische Version in der Speicherstadt ist 20 Jahre alt.

Die Aufführungsgeschichte enthält also jede Menge Ballast, den Regisseur Bastian Kraft für die Premiere seiner Neuinszenierung über Bord wirft. Nach der Premiere bei „Young Directors Project 2013“, der innovativen Nachwuchsreihe der Festspiele, geht seine Version am 19. Oktober im Thalia Theater über die Bühne. Als Theater- und Sprachkonzert, als Popversion, in der Gott ein wenig zum DJ wird.

Kraft suchte sich zwei begnadete Darsteller: Thalia-Schauspieler Philipp Hochmair, der für seine Salzburger Vorstellung bereits eine Nominierung für den „Nestroy“-Preis erhielt. Ihm zur Seite stellt er die in Berlin lebende US-Multiinstrumentalistin Simonne Jones.

Von der 26-Jährigen kursieren bislang ein paar wacklige Musikvideos auf Youtube, sie macht mit Liveauftritten von sich reden. Seit die Exilkanadierin Peaches über Jones die Worte „Ich habe die Zukunft gesehen“ im Munde führte, steht sie im Auge eines Hypes, der sich verschlimmern dürfte.

Hochmair spielt – bis auf den Tod – alle Rollen des „Jedermann“. Als Rockstar erfährt er auf der Bühne einen Schlaganfall, erlebt seine letzten Stunden und projiziert dabei sein Leben. Immer an seiner Seite, Der Tod als Kunststoffskelett mit implantierter Videokamera. Jones übersetzt die inneren Zustände des „Jedermann“ auf einer Installation aus selbst gebastelten Instrumenten in Musik. Aber was kann diese Frau eigentlich nicht. Sie hat ein Studium in Naturwissenschaften, arbeitete in der Aids-Forschung, jobbte als Model und studierte ein wenig Kunstwissenschaften in Florenz.

Tod, Sterben, Einsamkeit, Sinnsuche, Familie und Gier führt dieser „Jedermann“ als One-Man-Show vor, flankiert von einem Ein-Frau-Orchester im funkelnden Wave-Look. Jones’ „Jedermann“-Tonspur ist mal saftiger Electro-Pop, mal Liebesballade und mal experimentelles Instrumental, auf E-Bass, Harmonium oder singender Säge erzeugt. Könnte ein fulminanter Gipfel werden. Bei dem sogar der Tod seine Schreckensmacht verliert.

„Jedermann“, Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten zu 7,- bis 35,- unter T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de