Seasick Steve ist mit seinen selbst gebauten Instrumenten in der Fabrik zu erleben

„Hubcap Music“ hat Seasick Steve sein nunmehr sechstes Studioalbum genannt, zu Deutsch „Radkappen-Musik“. Eine Bezeichnung, die bei dem 1941 geborenen Bluesrocker nicht von ungefähr kommt. Der freundliche Mann, dessen lebenserfahrenes Gesicht von einem Bart umwuchert wird wie ein knorriger Baum von Flechten, bastelt seine Instrumente bevorzugt selbst.

Da wäre zum Beispiel die viersaitige Gitarre, deren Korpus aus einer Zigarrenschachtel besteht. Oder die Diddley Bo, die aus einem länglichen, mit einer Gitarrensaite bespannten Stück Holz gemacht ist. Zudem ist daran der Türgriff eines Chevrolets montiert (der aber keine Funktion hat). Für seine Morris Minor Guitar wiederum hat Seasick Steve zwei Radkappen aneinander befestigt. In seinem aktuellen Video „Down On The Farm“ sieht man ihn mit diesem Instrument in Karohemd und zerschlissenen Jeans vor Heuballen tanzen. Der Sound dazu ist ungeschliffen, dreckig und geht sofort ins Blut.

Der Amerikaner ist der beste Beweis dafür, dass High-End-Technik nicht nötig ist, um Musik voller Seele und Witz, voller Abgründe und Verheißung zu produzieren. Vielmehr bedarf es eines Künstlers, der reich ist an Persönlichkeit, an Erfahrungen und Geschichten. Und davon besitzt Seasick Steve so viel wie die Straße Staub.

In jungen Jahren lebte er als Streuner und reiste durch die USA auf der Suche nach Arbeit, nach Freiheit, nach Nichts. Seit den 1960er-Jahren verdiente er sein Geld als Session-Musiker. Dekaden von Musik-Historie hat er verinnerlicht, bewegte sich im künstlerischen Umfeld von Joni Mitchell und Janis Joplin ebenso wie später im Dunstkreis von Kurt Cobain. In den 1990er-Jahren machte er sich einen Namen als Produzent, doch erst 2006 erschien sein Debütalbum „Dog House Music“.

Mittlerweile begeistert Seasick Steve auch junge Fans wie etwa beim Pinkpop-Festival in den Niederlanden. „Wir sind ein Haufen verrückter alter Männer. Wenn wir live spielen, dann bekommt das Publikum 100 Prozent“, erzählte Seasick Steve vor einiger Zeit im Interview mit dem Abendblatt. Das dürfte auch zutreffen, wenn Steve, der mittlerweile in England und Norwegen lebt, in der Fabrik aufspielt – Instrumentenkunde inklusive.

Seasick Steve, supp. Gemma Ray So 20.10., 21.00, Fabrik (Bus 2, 150), Barnerstraße 36, Karten zu 32,15 im Vorverkauf; www.seasicksteve.com