Mit Schwächen: Im Altonaer Theater hatte der Buchbestseller Premiere. Die von Axel Schneider besorgte Bühnenfassung des „Hundertjährigen“ ist ein sattes Stück Boulevardtheater mit Jörg Schüttauf in der Hauptrolle.

Hamburg. Er fasst sich sehr lange, der Allan Karlsson, diese Erfahrung macht auch der Staatsanwalt. Wahrscheinlich würde der dem Herrn Karlsson am liebsten einen Maulkorb verpassen. Zu Recht, denn dessen Laberei ist auf die Dauer durchaus eine Prüfung. Im Theater merkt man das mehr als im Buch: Karlsson ist der bekannteste Held der Gegenwartsliteratur. Er ist „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“.

Im Altonaer Theater hatte der Stoff nun Premiere. Literatur-Adaptionen sind beliebt, weil das Dramatisieren einer populären Vorlage eine in vielerlei Hinsicht risikolose Unternehmung ist. In Hamburg ist die von Axel Schneider besorgte Bühnenfassung des „Hundertjährigen“ ein sattes Stück Boulevardtheater mit Jörg Schüttauf in der Hauptrolle des redseligen Ausreißers, der nicht nur seinem Gegenspieler, dem Staatsanwalt, den letzten Nerv raubt. Sondern im Laufe einer 160 Minuten dauernden Aufführung auch dem einen oder anderen Zuschauer, der irgendwann der platten Pointen und auf witzig gebürsteten Dialoge überdrüssig wird. Das große Problem des Stücks ist seine Länge, weil auf der die Schwäche des Stoffes so gnadenlos ins Auge sticht: die in jeder Situation auftretende Komik, die so unsubtil wie nur irgend möglich ins Werk gesetzt wird.

Aber kann man das Regisseurin Eva Hosemann vorhalten? Eher nicht. Es ist der Roman Jonas Jonassons, der so leichtherzig die Abenteuer des Alten erzählt, das man sich dem entweder willenlos ergibt oder eben nicht. Der Stoff zielt auf beinah schon wieder genial-penetrante Weise auf Skurrilität ab.

Die Figuren der Schweden-Posse haben alle einen Hau weg, und es ist der warmherzige Humor, der ihre so unwahrscheinliche Bekanntschaft zusammenhält. Doch, das freundliche Gelächter des Altonaer Publikums (das vorher zur Feier der Wiedereröffnung nach dem Umbau gratis Sekt trinken durfte) war schon auch eine Reaktion auf die stellenweise liebenswürdigen Ideen der Inszenierung. Das Bühnenbild – viele Rechtecke als Ein- und Ausstiege in das und aus dem Fenster zur Welt – ist charmant, der „Was du liest, ist, was du kriegst“-Formalismus der Requisiten auf der Bühne ganz putzig.

Ein Erker ist dann ein Erker, wenn auf einem Rechteck der Schriftzug „Erker“ steht: Klarere Linien kann eine Bühne schwerlich haben, das hatte in einem übertragenen Sinne etwas von Ikea. Und war am Ende genauso überstrapaziert wie die trippelnde Forrest-Gump-Performance des sich unbedarft gebenden Lebemanns Karlsson, der gleichzeitig durch die Weltgeschichte reist und durch das Schweden der Jetzt-Zeit. Trotz aller Einwände: Der Stoff wird sicher auch auf der Bühne viele Fans finden.