„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ hat Premiere

Der Alte ist schnurstracks reinmarschiert ins Herz der Lesegemeinde, und dass er schon hundert Lenze zählte, gab keinen Anlass zu geriatrischen Befürchtungen. Allan Karlsson ist ein sehr agiler Herr, dem man, sagen wir’s platt heraus, das Alter kaum anmerkt. Damit ist er natürlich eine ganz und gar unwahrscheinliche, halt eine fiktive Figur – der Held in Jonas Jonassons Bestseller „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“.

Sie sei sofort Feuer und Flamme für den Stoff gewesen, sagt Regisseurin Eva Hosemann, die nun den „Hundertjährigen“ am Altonaer Theater inszeniert – „und dachte aber auch: Wie will man das auf die Bühne bringen?“ Mit „das“ meint die erstmals in Hamburg arbeitende und vorher in Schwaben und Österreich tätige Bayerin zum Beispiel auch die verschiedenen Zeitebenen des Romans. Er erzählt ja in der Gegenwart von der Flucht von Karlsson und seiner Rentner-Gang vor den kriminellen Verfolgern, denen sie einen Geldkoffer geklaut haben – und von Karlssons früheren Abenteuern.

„Das sind zwei gegenläufige Zeitachsen, mit denen wir in unserer Inszenierung spielen“, sagt Hosemann, die außerdem von „schnellen Sequenzen“ spricht, die auf der Bühne zu sehen sein werden. „Es ist ein dynamisches Stück, schon im Roman wird die Geschichte quasi im Dauerlauf erzählt.“ Das sei natürlich reizvoll für das Theater.

Wenn zwischen den unterschiedlichen Szenen geswitcht wird, stellt das auch Herausforderungen an die Maske – und besonders an Jörg Schüttauf, der die Hauptrolle spielt. Der muss ja mal wie ein alter, dann wie ein junger Mann aussehen. Ein Kunststück, das eigentlich gar nicht machbar ist, weshalb die Verantwortung hier eher bei dem Schauspieler liege, erklärt Hosemann.

In der Tat bietet der Roman, der zu einem der größten Überraschungshits der vergangenen Jahre wurde, einige theatralische Qualitäten: Die Handlung wird zum Beispiel auch durch die Dialoge vorangetrieben. Gut für die dramatische Darstellung, und doch darf man natürlich gespannt sein, wie Axel Schneiders Romanadaption für die Bühne letztlich insgesamt aussieht. Es wird wohl nicht wenige geben, die mit der Lektüreerfahrung nach Altona kommen – und dann vielleicht auch sagen: Das hätte ich mir aber anders vorgestellt. Oder eben: So war das drin in meinem Kopf.

Bei einem Roman komme es immer auf den Erzählsound an, der dann auch etwas über die Bühnentauglichkeit eines Stoffes sage, „aber die Fantasie des Lesers ist eben eigen“, findet Hosemann. Mit dem manchmal geäußerten Vorwurf, die Theater machten es sich mit den erfolgreichen Romanstoffen aus der Gegenwartsliteratur zu einfach, kann sie nichts anfangen: „Ein guter Stoff ist ein guter Stoff.“

„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" Premiere So 13.10., 19.00, Altonaer Theater (S Altona), Museumstraße 17, Karten ab 16,- unter T. 39 90 58 70, bis zum 26.12.