Der dokumentarische Kunstfilm „Der Glanz des Tages“ überzeugt mit Wahrhaftigkeit

Manchmal kann das Leben selbst eine Bühne sein. Die Dokumentarfilmer Tizza Covi und Rainer Frimmel lassen in ihrem mit dem Max-Ophüls-Preis 2013 dekorierten Film „Der Glanz des Tages“ zwei Männer sich selbst spielen: den gefeierten Thalia-Schauspieler Philipp Hochmair und den Messerwerfer und Bärenbändiger Walter Saabel.

Zwei moderne Nomaden, hier der Ex-Schausteller Saabel, ein handfester Kerl mit Bodenhaftung. Dort der Schauspieler Hochmair, ein Mann des Wortes, ganz in der Literatur aufgehend, zerrieben zwischen Auftritten in Hamburg, Berlin und Wien, Endproben und Text lernen.

Saabel schlägt bei Hochmair als imaginärer, obdachloser Onkel auf, der Kontakt zu seinem Bruder sucht. Die Filmemacher fusionieren Leben und Theater streng puristisch. Ohne Tonspur. Ohne Kommentar aus dem Off. Alle Begegnungen der beiden fußen auf dem radikalen Konzept, das die Filmemacher in einer einzigen Regieanweisung zusammenfassten: „Sei einfach du selbst.“ Besonders für den Profischauspieler vermintes Neuland. Doch aus den Begegnungen, Annäherungen, dem Ringen um Sympathie, destillieren die Filmemacher große, wahrhaftige Kinomomente, die doch eine universelle Begebenheit zum Thema haben.

Wir sehen zwei schutzlos sich dem Regiekonzept ausliefernde Männer, die letztlich jeder individuell dem Zauber des Lebens nachjagen: Hochmair in der immer neu herzustellenden Bühnenenergie, Saabel im naturhaften Alltag bei Fischfang und Bärenaufzucht. Saabel erzählt auf Hochmairs Sofa von traumatischen Vorkommnissen seiner Jugend. Hochmair offenbart umgekehrt die Einsamkeit eines Lebens im Dienste der Kunst. Es ist berührend zu sehen, wie sich diese beiden Männer an ihrer eigenen, individuell unorthodoxen Realität und an der des anderen abarbeiten.

Über das Filmexperiment finden sie zu innerer Entwicklung. Der mit dem silbernen Leopard für den besten Darsteller beim Internationalen Filmfestival von Locarno ausgezeichnete Saabel hilft in einer eigentlich eher überflüssigen Nebenhandlung einer Nachbarsfamilie. Hochmair wartet am Ende, nachdenklich geworden, auf seinen nächsten glanzvollen Auftritt. Für Hochmair-Fans ist der Film ohnehin ein Muss.

Bewertung: empfehlenswert

„Der Glanz des Tages“ A 2012, 90 Minuten, ab 6 Jahren, R: Tizza Covi, Rainer Frimmel, D: Philipp Hochmair, Walter Saabel, täglich im 3001-Kino; www.peripherfilm.de/derglanzdestages