Konzerte, Diskussionen, Lesungen bei den Hamburg Metal Dayz in der Markthalle

Als das ZDF im Dezember 1983 den mehrstündigen Zusammenschnitt zweier „Rockpop in Concert“-Nächte aus der Dortmunder Westfalenhalle sendete, war das eine kleine Sensation. Und zwar wegen der damals beteiligten Bands: Iron Maiden, Judas Priest, Def Leppard, Krokus, auch das spätere Drogenwrack Ozzy Osbourne war dabei. Ein Heavy-Metal-Festival im deutschen Fernsehen, das hatte es bis dato noch nie gegeben. Metal galt als asozial und gewaltverherrlichend, als jugendkultureller Auswurf ohne Existenzberechtigung. „Rockpop in Concert“ war die Ausnahme von der allgegenwärtigen Nichtbeachtungsregel, kein Wunder, dass per Mikro aufgenommene Kassettenmitschnitte unter Fans so oft kopiert und getauscht wurden, bis schließlich selbst das teuerste Maxell-Chromdioxid-Tape beim x-ten Abspielen kaum mehr als ein dumpfes Grundrauschen durch die Boxen wummern ließ.

Doch wie haben sich die Zeiten geändert: Zwar ist der Musikmarkt großflächig zusammengebrochen, sind zahlreiche Plattenfirmen vom Markt verschwunden und können die meisten Bands kaum von ihrer Musik leben, doch die Heavy-Metal-Szene ist lebendiger denn je. Mehr als das: Sie hat den Mainstream erobert und ist gegen den Trend weiterhin auf Wachstumskurs. Das zeigt nicht nur der immer wahnwitzigere Run auf Tickets für das Wacken Open Air, das mittlerweile binnen 24 Stunden 75.000 Tickets absetzt. Das zeigt auch ein Magazin wie „Rock Hard“, das nach 30 Jahren quicklebendig ist und beweist, dass Print durchaus kein Auslaufmodell sein muss. Ebenso wenig wie – im Zeitalter der Downloads und Streaming-Dienste – das gute alte Vinyl, das sich in Metalkreisen noch immer großer Beliebtheit erfreut und spezialisierten Plattenfirmen sehr ordentliche Einnahmen beschert.

Eindrucksvoller und ganz aktueller Beleg für die Relevanz wie Akzeptanz von Heavy Metal in all seinen Ausdifferenzierungen sind die Hamburg Metal Dayz, die in diesem Jahr zum zweiten Mal über die Markthallen-Bühnen gehen. 3000 Besucher kamen zur Erstauflage im vergangenen Jahr, und nun dürften es wohl noch ein paar mehr werden. Völlig zu Recht, denn das Programm ist so vielfältig wie beeindruckend. So werden vom 27. bis 29. September neben Hochkarätern wie Children Of Bodom, Caliban oder Rage, die in Wacken schon Zehntausende begeistert haben, auch unbedingt hörenswerte Newcomer zu entdecken sein, etwa die Melodic Metaller Orden Ogan, die Rock‘n‘Roller The New Black oder die Turbonegro-Fans Bombus. Und weil die Metal-Szene geradezu familiären Charakter hat, weil die Verbindung zwischen Musikern und Fans enger ist als irgendwo sonst, gibt es natürlich auch jede Menge Meet & Greets mit der Möglichkeit, eigene Tonträger signieren zu lassen oder mit den Lieblingen einfach nur zu klönen. Heavy Metal zum Anfassen, das hat im vergangenen Jahr schon bestens funktioniert.

Und die Hamburg Metal Dayz haben noch mehr zu bieten: Diskussionsrunden, Workshops und Lesungen. So zeigt Gitarrist Victor Smolski allen Nachwuchs-Flitzfingern seine besten Tricks und beantwortet Fragen zu Spieltechnik oder Equipment, während Shoutcoach Thomas Fischer erklärt, wie er Frontleuten das Brüllen beibringt und natürlich auch selbst Live-Beispiele für fortgeschrittenes Röcheln gibt. Berni Mayer liest aus seinem Black-Metal-Krimi „Black Mandel“, und Micha-El Goehre hat seinen Roman „Jungsmusik“ im Gepäck, dessen Titel auf eine falsche Fährte führt, steigt der Frauenanteil bei Metal-Konzerten doch kontinuierlich.

Besonders interessant versprechen die Expertenrunden zu werden. Und nicht nur die, in der die Wacken-Chefs Holger Hübner und Thomas Jensen aus dem Nähkästchen plaudern. Ein enormes Themenspektrum wird an den drei Tagen abgearbeitet mit dem Versuch, Antworten zu finden auf Fragen wie: Warum sind Tour-T-Shirts bei Konzerten eigentlich so teuer? Was passiert bei einer Tour eigentlich backstage? Wie sieht die Heavy-Metal-Szene in zehn Jahren aus?

Schade eigentlich nur, dass Primal Fear nicht zum Line-up der Metal Dayz gehören, fasst doch ihre Hymne „Metal Is Forever“ die Kernaussage der Hamburg Metal Dayz perfekt zusammen.

Hamburg Metal Dayz 27.–29.9., Einlass jeweils 16.30, Markthalle (U Steinstraße), Klosterwall 9–21, Tickets: 28,50 (1 Tag), 45,- (2 Tage, Fr/Sa), 67,- (3 Tage); www.hamburg-metal-dayz.de