Eine NDR-Dokumentation geht der Frage nach, ob Fische Schmerz empfinden. Der Film regt zum Nachdenken an – und zwar nicht nur Angler.

Der Fisch ist fast so groß wie der Mann, der ihn gefangen hat. Mit beiden Armen und stolzem Grinsen hält er das Tier in die Kamera. Auf YouTube kursieren Tausende solcher Videos, auf denen sich Trophäenangler feiern lassen. Aber was fühlt der Fisch, der in diesem Moment meist noch nicht tot ist? Hat er Schmerzen oder nicht? Dieser Frage geht die Doku „Hobby mit Widerhaken“ der NDR-Reihe „45 Minuten“ nach.

Vier Millionen Deutsche gehen schätzungsweise angeln, aus Jagdinstinkt oder einfach aus Spaß. Auch der Fernsehjournalist Carsten Rau gehört dazu, seit sein Vater ihm das Angeln beigebracht hat. Heute lernen seine Kinder es von ihm. Auf die Idee für den Film ist der Reporter gekommen, weil sein Sohn wissen wollte, ob Fische Schmerzen fühlen. Viele Angler halten die Tiere für instinktgesteuerte Kaltblüter. Tierschützer beschimpfen sie deshalb als Tierquäler. Der Film zeigt, dass die Wahrheit vermutlich irgendwo dazwischen liegt.

Carsten Rau reiste für die Dreharbeiten bis in die USA, wo zu diesem Thema aktuell geforscht wird. „Bei unseren Versuchen zeigten Fische dieselben Reaktionen wie Säugetiere, die unter Schmerzen leiden“, sagt Professor Victoria Braithwaite von der Penn State University in Pennsylvania. „Es gibt noch keine gesicherten Beweise. Aber wir halten es für wahrscheinlich, dass Fische Schmerzen empfinden.“

Das Tierschutzgesetz erlaubt den Fang von Fischen nur zum „Nahrungserwerb“. Trotzdem wollen viele Hobbyangler von vornherein nicht essen, was ihnen ins Netz geht, sondern damit angeben. Oft werden die Tiere gewogen, gemessen, fotografiert und danach einfach wieder ins Wasser geworfen. Fachleute schätzen, dass dadurch in manchen Seen einzelne Fische zehn- bis 20-mal im Jahr gefangen werden. Neben möglichen Schmerzen erleiden sie dabei unnötigen Stress. Gegen das verbotene Trophäenangeln gehen die Bundesländer trotzdem nicht vor.

Carsten Rau und der Regisseur und Produzent Hauke Wendler fuhren aufs Meer hinaus und begleiteten Sportfischer zu sogenannten Anglerparadiesen. Sie besuchten die Angelsportmesse in Kassel, um die große wirtschaftliche Bedeutung eines Hobbys zu verdeutlichen, mit dem die deutsche Industrie jedes Jahr mehrere Milliarden Euro Umsatz macht.

Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob Fische Schmerzen haben, kann der Film letztlich nicht geben. Aber er regt zum Nachdenken an – und zwar nicht nur Angler.

„Hobby mit Widerhaken“, heute 22 Uhr, NDR