Die 10. Hamburger Theaternacht bot erstmals ein Kinderprogramm. 16.200 Besucher erlebten Märchen, Schauspiel, Oper und mehr

Hamburg. Wo fängt der Spaß an, wo hört die Nacht auf? Eine Frage, die sich erfahrene, aber auch neue Bühnengänger einmal im Jahr stellen.

Sonnabend, 16 Uhr. Etwas früh, um ins Theater zu gehen, könnte man meinen. Aber nicht, wenn die zehnte Hamburger Theaternacht erstmals zu einem Kinderprogramm lädt und die Fliegenden Bauten die Abenteuer des „Peter Pan“ aufführen. Es ist eine der ersten Darbietungen unter insgesamt mehr als 300 Programmpunkten in 42 Theatern, und schon auf dem Weg in die „Bauten“ sind überall die kleinen, schwarzen Programmhefte zu sehen, in denen wild geblättert wird. Sie sollen im weiteren Verlauf dieses schwül-warmen Spätsommertages sowohl Informationszwecken als auch als Fächer in so manchem Zuschauerraum dienen.

Was auffällt, sind die zahlreichen Erwachsenen, die noch mal mit Peter Pan ins „Nimmerland“ reisen möchten. So manche haben noch nicht einmal ein Alibi-Kind dabei. Trotz des allenfalls halb gefüllten Saals ist die Stimmung gut, die Besucher helfen Peter Pan tatkräftig dabei, mit dem bösen Käpt’n Hook fertig zu werden und der Fee Tinkerbell das Leben zu retten.

Auch vor dem Ernst Deutsch Theater warten gespannt zahlreiche Besucher auf den Einlass. Hier wird „Der Kleine Vampir“ zum Besten gegeben. In der Spielstätte sind kaum noch Plätze frei, die bunte Mischung aus Jung und Alt trägt zu einer ausgelassenen Atmosphäre bei. Nach dem Kinderprogramm wird wild über das Stück diskutiert.

„Bei uns waren alle Kindervorstellungen voll“, stellt Ohnsorg-Intendant Christian Seeler am Abend fest. Auch Appetithäppchen wie Szenen der Tragikomödie „Indien“ über zwei Gastrokritiker oder Auszüge des Revue-Dauerbrenners „Rock op Platt“ erfreuen sich bei den Erwachsenen reger Nachfrage. Und doch hat Seeler einen Unterschied unter den Gästen erkannt: „Bei den Kindern spüren wir weniger Berührungsängste. Die lernen einfach ein paar Platt-Vokabeln und sind drin.“

Ob Seeler im Ohnsorg, Simone Young in der Staatsoper (mit Schmidt-Chef Corny Littmann!) oder Joachim Lux im Thalia – die Intendanten zeigen am Abend der offenen Türen Präsenz, moderieren, diskutieren mit dem Publikum und hofieren es. Theater ist auch eine Baustelle. Im Schauspielhaus, in dem Karin Beier wegen der Sanierung erst Mitte November starten kann, beantwortet die neue Intendantin in einer Talkshow im Marmorsaal auf dem Podium etwa die Frage, ob die Stimme der Schauspieler, darunter TV-Krimistar Charly Hübner („Polizeiruf 110“), künftig akustisch gestützt werden sollen: „Wir können es auch ohne.“

Fast zu viele Mikros und Verstärker dröhnen kurz vor 23 Uhr auf der Reesendammbrücke: Dort mischen sich Klänge der von NDR-Moderator Yared Dibaba präsentierten Musical-Beiträge auf der Bühne des Jungfernstiegs mit den harten Riffs des „Rock auf dem Rathausmarkt“. Doch das Theater-Publikum harrt aus.

Mezzosopranistin Maria Markina und Pianist Leon Gurvitch haben sich da schon in die Kammerspiele aufgemacht: Ab Mitternacht singen und spielen sie bei der „Verrückten Stunde“, für die die Theater alljährlich ihre Ensembles tauschen, erstmals Auszüge ihrer neuen Opera-stabile-Produktion. „Russische Seele mal anders“ heißt ihr Konzert. Der Saal ist zwar nicht mehr ganz voll, die beiden erreichen indes sogar noch schläfrige Gemüter. „Die Schauspieler und Sänger sagen mir immer, sie werden durch den Abend getragen, weil das Publikum solch eine Lust hat“, erzählt Kammerspiele-Dramaturgin und -Moderatorin Anja Del Caro. 16.200 Besucher haben sie bei der bisher längsten Theaternacht gezeigt.