Das Drama „Das Mädchen Wadjda“ aus Saudi-Arabien ist ein Glücksfall für das Kino

Was haben Jackie Chan und Schneewittchen gemeinsam? Nun, sie sorgten indirekt dafür, dass mit „Das Mädchen Wadjda“ dieser Tage der erste vollständig in Saudi-Arabien gedrehte Spielfilm in die Kinos kommt. Die Regisseurin und Autorin Haifaa Al Mansour entdeckte nämlich einst in den Klassikern, die ihre Brüder zu Hause auf Video sahen, eine sensationelle Möglichkeit: Ein Film kann Menschen in fremde Welten entführen, und sind diese Welten noch so bizarr, zauberhaft oder brutal.

Al Mansour sollte später an der amerikanischen Universität in Kairo erst einmal englische Literatur studieren, nun erzählt sie uns also in ihrem Debüt eine einfache Geschichte aus ihrer komplexen Heimat, in der Frauen zwar nicht Autofahren dürfen, aber häufiger Professorinnen werden als bei uns in Deutschland. Es geht um ein aufmüpfiges Mädchen, das nicht einsehen will, warum es nicht Radfahren darf wie der Nachbarsjunge. Um ihr Traum-Fahrrad zu erstehen, vertickt sie selbst gedrehte Freundschaftsbändchen und paukt für einen hoch dotierten Koran-Wettbewerb.

Gespielt von der hellwachen Waad Mohammed, bleibt Wadjdas Aufbegehren ohne direkte Anklage und buchstäblich im Rahmen. Auch wenn die ans Haus gekettete Mutter (Reem Abdullah) den üblichen Restriktionen ausgesetzt ist, abhängig ist von ihrem Chauffeur und hinnehmen muss, dass ihr Mann eine Zweitfrau heiratet (ihre Schuld, denn sie gebiert keinen Sohn). Selbst dann zeigt die Regisseurin statt plakativer Anklage lieber die Allmacht der Gegebenheiten in ihrer konventionellen Selbstverständlichkeit: in Gestalt hoher Schulmauern oder in der Angst der Mutter, das vom Rad gefallene Töchterchen könnte soeben seine Jungfernschaft verloren haben.

„Das Mädchen Wadjda“, eine saudi-arabisch-deutsche Koproduktion, wird vorerst leider nur in Kinos außerhalb Saudi-Arabiens gezeigt. Denn Lichtspielhäuser und Theater zu betreiben, ist im Königreich selbst streng verboten.

Bewertung: empfehlenswert

„Das Mädchen Wadjda“ Saudi-Arabien/Deutschland 2012, 97 Min., o. A., R: Haifaa Al Mansour, D: Waad Mohammed, Reem Abdullah, Abdullrahmann Al Gohani, täglich im Abaton, Holi und Zeise Kino; www.wadjda-film.de