Die Biografie „The Look of Love“ erzählt vom Aufstieg des Porno-Königs Paul Raymond

Als gebrochener Mann kommt Paul Raymond (Steve Coogan) vom Begräbnis seiner Tochter Debbie (Imogen Poots). Er lässt sich von seinem Chauffeur durch Soho fahren, den Londoner Stadtteil, in dem er mit Stripclubs, Erotik-Magazinen und Immobilien zu einem der reichsten Männer Großbritanniens aufstieg. Neben ihm auf der Rückbank sitzt seine Enkelin genau wie fast drei Jahrzehnte zuvor ihre Mutter als kleines Mädchen. Debbie, seine geliebte Tochter, die seine Nachfolge antreten sollte, und die nun mit nur 36 Jahren an einer Überdosis Drogen gestorben ist.

Nach dieser kurzen Auftaktszene lässt Regisseur Michael Winterbottom das Leben des „Porno-Königs“ Paul Raymond (1925–2008) in einer weit angelegten Rückschau Revue passieren.

Mit Nackt-Varietés und der legendären „Revue-Bar“ begründete Raymond mit seiner Frau Jean (Anna Friel) Ende der prüden 50er-Jahre sein Imperium. Jean hatte lange Zeit kein Problem damit, dass ihr Gatte die sexuelle Freizügigkeit auch im Privaten auslebte, doch als er 1970 bei Proben zu einem Varietéstück die 20 Jahre jüngere Amber (Tamsin Egerton) kennenlernt und sich in sie verliebt, reicht Jean nach zehn Ehejahren die Scheidung ein.

Sieben Jahre bleibt Amber an Raymonds Seite. Der gibt mittlerweile das Erotik-Magain „Men Only“ heraus und kauft ganze Straßenzüge in Soho auf.

Doch wo viel Licht, da ist auch Schatten. Amber wird all der Ausschweifungen, des Lebens in Saus und Braus überdrüssig und verlässt Raymond. Der kann sich nur schwer davon erholen. Das Stück, mit dem Raymond die künstlerischen Ambitionen seiner mittlerweile erwachsenen Tochter fördern will, scheitert nicht zuletzt an deren mangelndem Talent. Die psychisch labile junge Frau beginnt zu trinken und exzessiv Drogen zu nehmen.

Zeitkolorit und familiäres Drama gehen in Winterbottoms Filmbiografie „The Look of Love“ Hand in Hand. Trotz der dem Skandal-Milieu geschuldeten schwungvollen, kurzweiligen Erzählweise gelingt es Winterbottom und seinem großartigen Hauptdarsteller Steve Coogan immer wieder die Stille und Melancholie hinter der Gewinner-Fassade eines Mannes einzufangen, der wirkliche Nähe nie zulassen konnte.

„Sex wird niemals seine Anziehungskraft verlieren – nie, nie, nie“, so erklärte der Erotik-Mogul einst seinen Erfolg. Er sollte Recht behalten. Doch geholfen hat es ihm wenig.

++++- „The Look of Love“ GB/USA 2013, 99 Min., ab 16 J., R: Michael Winterbottom, D: Steve Coogan, Anna Friel, Imogen Poots, täglich im 3001, Passage; www.thelookoflove-film.de