Alsterradio positioniert sich mal wieder um. Angesichts schwacher Marktanteile hat der Sender keine andere Wahl

Hamburg. Es klingt wie ein Stoßseufzer, und so soll der Satz wohl auch verstanden werden: „Endlich bin ich wieder zu Hause“, zitiert Alsterradio in einer Pressemitteilung seinen Moderator Andreas Clausen alias AC. Zusammen mit seiner Kollegin Maren Bockholdt wird er von heute an wieder die Morningshow „Der Morgen mit Maren & AC“ moderieren. Alsterradio hatte sie vor einem Jahr abgesetzt.

Man kann nicht sagen, dass dies dem Sender gut bekommen wäre. Sein Marktanteil sank auf 3,1 Prozent. Er liegt damit noch unter denen der Kleinstsender Klassik Radio, Oldie 95 und Energy Hamburg. Dabei war Alsterradio, gleich nach Radio Hamburg, mal der zweitbeliebteste Sender der Stadt. Mitte der 90er-Jahre kam er auf einen Marktanteil von bis zu 16 Prozent. Doch nach zahllosen Umpositionierungen wurde die Radiowelle zum Nischensender.

Ironischerweise soll es nun abermals eine Umpositionierung richten. Denn die Rückkehr von Maren & AC, die vor ihrer Absetzung die Morningshow von Alsterradio acht Jahre lang moderierten, sind nicht die einzige Maßnahme, mit der der Sender aus dem Quotentief kommen will. Musikalisch wird die Hörfunkwelle vom Messberg wieder mehr auf Rock setzen. Und ein neues Jinglepaket hat man sich auch gegönnt. „Zum ersten Mal seit 13 Jahren“ habe Alsterradio „wieder ein akustisches Logo“ in seine Jingles integriert, frohlockt der Sender in seiner Pressemitteilung. Verantwortlich für den Neuanfang ist Programmdirektor Florian Wittmann, der Anfang des Jahres vom Wettbewerber Oldie 95 kam. Das Motto des Relaunch laute „Zurück in die Zukunft“, sagt ein Sendermitarbeiter.

Aber kann das klappen? Ulrich Bunsmann, der 23 Jahre lang die Geschicke von Alsterradio bestimmte, und den Sender Anfang 2012 verließ, ist skeptisch. „Wir haben im Moment eine Popwelle. Jetzt auf Rock zu setzen ist nicht ohne Risiko.“ Auch innerhalb des Senders ist der Neustart nicht unumstritten. „Rockmusik hören heute vor allem ältere Männer“, sagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Mit einem Rockprogramm sprechen wir die werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen kaum an.“ Für einen Privatsender, der sich ausschließlich durch Werbung finanziert, ist das fatal.

Andererseits : Welche Wahl hat ein Sender, der so weit abgerutscht ist? Und schließlich hat Alsterradio einen seiner größten Erfolge einer grundlegenden Umpositionierung zu verdanken: 1991 wurde aus dem, zumindest zeitweise, nicht ganz unambitionierten Radio 107 eine Schlagerwelle namens Alsterradio. Ein radikalerer Kurswechsel ist nicht denkbar. Dennoch stieg Alsterradio damals zu Hamburgs Nummer zwei auf. Allerdings sah sich der Sender 1999 zu einer weiteren, nicht minder radikalen Umpositionierung gezwungen: Eine Umstellung der Erhebung der Marktanteile machte dies erforderlich. Waren bis dahin die Marktforscher der Media Analyse (MA) zu ausgewählten Radiohörern ins Haus gekommen, wird der Marktanteil der Sender seither mithilfe von Telefoninterviews ermittelt. Offenbar ließen sich die Hörgewohnheiten älterer Hörer so aber nur schlecht abbilden. Jedenfalls verlor die Schlagerwelle Marktanteile, wohl weil ihre Hörerschaft schon etwas betagter war.

Seit 1999 sendet Alsterradio Rock- und Popstandards für Erwachsene

Zudem wollte man sich wieder stärker an der werberelevanten Zielgruppe orientieren. Und so wurde Alsterradio das, was es mit einigen leichteren Veränderungen auch heute noch ist: ein AC-Sender. AC heißt „Adult Contemporary“ und bedeutet im Radio-Jargon, dass sich ein Sender mit Rock- und Popstandards vorrangig an eine erwachsene Zielgruppe wendet.

Mit seinem neuen Programm kam Alsterradio auf einen Marktanteil von acht bis neun Prozent. Seither trägt der Sender den Zusatz „106,8 Rock‘n Pop“ im Namen. Zu Bunsmanns Verwunderung störte sich die neue Hörerschaft am Namen Alsterradio nicht, der bis dahin ja für Schlager stand.

Zu so radikalen Umpositionierungen wie 1991 und 1999 ist es danach nicht mehr gekommen, zu kleineren, nicht minder folgenschweren aber schon. Am besten in Erinnerung ist der Kurs, den 2012 der neue Programmdirektor und Geschäftsführer Uwe Schneider Alsterradio verpassen wollte. Sein ambitioniertes Ziel war es, Marktführer Radio Hamburg anzugreifen. Deshalb trennte er sich von Maren & AC. Die Morningshow sollte der Schauspieler Carsten Spengemann übernehmen, der wochenlang getestet wurde. Doch zu einer Verpflichtung kam es nicht. Das Management zog die Notbremse. Und nicht nur das. Mitten im Relaunch trennte man sich von Schneider. „Das ist ein einmaliger Vorgang in der Hamburger Radiogeschichte“, wunderte sich ein Hamburger Radio-Manager damals. Dabei soll ursprünglich das Management selbst um Geschäftsführer Christopher Franzen den verwegenen Plan ausgeheckt haben, mit wenig Geld den Marktführer anzugreifen.

Seither sendet die Hörfunkwelle mehr oder weniger im Nirwana. Vielleicht versucht man es mal mit Qualität. Denn auch das kann Alsterradio: Für eine Sendung zum Thema Facebook wurde Maren Bockholdt, die nun wieder die Morningshow übernimmt, für den diesjährigen Radiopreis nominiert.