Ein Film über Leere, über Abwesenheit, über das Innere eines Menschen. Hoch hinaus zielt Regisseur Nicolas Wackerbarth mit seinem ersten Kinofilm „Halbschatten“ und gewinnt nicht zuletzt dank seiner charismatischen Hauptdarstellerin. Mit Anne Ratte-Polle hat sein Film ein Zentrum, das praktisch in jeder Szene zu sehen ist, das auch dann spannend bleibt, wenn äußerlich wenig bis gar nichts passiert.

Zu Beginn kommt Merle (Ratte-Polle) an ein Haus, irgendwo an der französischen Riveira, sie klingelt, niemand macht auf. Die Ansage auf einer Mailbox enthüllt, dass sie offenbar einen Romuald treffen wollte, vermutlich ihren Liebhaber, der eine Chiffre bleiben wird, eine der vielen Leerstellen. Eine Art Hausmeister lässt Merle hinein, später tauchen zwei Kinder auf, der 16-jährige Felix und Emma, die am nächsten Tag 13 wird. Die Kinder ignorieren die Freundin des Vaters mehr als dass sie sie abweisen. Und so vergeht die Zeit, Merle sitzt am Pool, wo sie versucht, an einem Buch zu arbeiten, läuft durch das Dorf, trinkt Kaffee, probiert ein Kleid an. Dass Romuald nicht anwesend ist, dass er auch nicht wiederkommt, auch wenn er sich immer wieder ankündigt, fügt sich in einen Film, der zwischen den Bildern erzählen will. Nicht das, was man sieht, ist wichtig, sondern das, was man nicht sieht. Nicht die Diskussion mit einem Bäcker, der eine Torte nicht herausgeben will, ist von Bedeutung, sondern Merles Versuch, sich auf die Seite der Kinder zu schlagen, die offenbar ebenso genervt von ihrem abwesenden Vater sind, wie es zunehmend Merle ist.

Doch auch wenn sie den Kindern ein wenig näherkommt, Emmas Geburtstag gefeiert wird, bei einer Party mit Felix Freunden plaudert, bleibt sie stets eine Außenstehende. Trotz ihres klaren, offenen Gesichts wirkt Anne Ratte-Polle wie die Außenstehende, die sie in dieser für sie fremden Umgebung ist und bleiben wird. Wie das Abwesende das Gegenwärtige bestimmen kann, auch davon erzählt Wackerbarth in „Halbschatten“, versucht in betont reduzierter Einstellung eine Stimmung zu evozieren, die Gedanken in Bildern vermittelt. Wenn es funktioniert, entstehen Momente, in denen klar wird, dass man auch unter Menschen nicht unbedingt weniger allein sein kann.

Bewertung: belanglos

„Halbschatten“ D/F 2013, 84 Min., o. A., R: Nicolas Wackerbarth, D: Anne Ratte-Polle, Emma Bading, Leonard Proxauf, täglich im 3001 (OmU); www.halbschatten-film.de