Klaus Wellershaus, eine Ikone des journalistischen Musikradios, wird 75 Jahre alt

Hamburg. Der Beifall war spontan und laut. Als Peter Urban vor ein paar Wochen im NDR-Funkhaus in den Ruhestand verabschiedet wurde, kam die Sprache in den Laudatios auf die „Musik für junge Leute“. Die Sendung war Mitte der 60er-Jahre quasi die Urzelle der Pop- und Rocksendungen. Ins Leben gerufen wurde sie von Klaus Wellershaus, Urbans Vorgänger. Der war bei Urbans Verabschiedung ebenfalls anwesend und wurde gleich dreimal für seine wichtige Vorreiterrolle erwähnt – ebenfalls begleitet von lautstarkem Beifall. Wellershaus selbst verabschiedete sich 2002 im Alter von 64 Jahren in den Ruhestand. Aber bis heute gilt er als der Hamburger Nestor des journalistischen Musikradios, als ein Redakteur, an dem sich jüngere Kollegen weiterhin orientieren und der für die musikalische Sozialisation Tausende von Hörern verantwortlich war. Wellershaus’ Wissen machte es möglich, den verschiedenen Verästelungen populärer Musik nachzugehen und sich tiefgreifend mit Pop und Rock auseinanderzusetzen.

Seit Ende 1965 lief zwischen 13 und 15 Uhr „Nach der Schule – Musik für junge Leute“, dreimal pro Woche, jeweils 25 Minuten. In ganz Norddeutschland wurden dann die Kassettenrekorder und Tonbandgeräte klargemacht, um aus dem Radio mitzuschneiden, was Wellershaus an neuen Platten spielte. Die Beatles natürlich, die Rolling Stones und die Kinks, aber auch Soul von James Brown bis zu den Supremes und später sogenannten Progressive Rock von Bands wie Cream, Jimi Hendrix oder Grateful Dead. 1972 wurde Wellershaus fest beim NDR angestellt – als Redakteur für progressive Musik. „Ich war in der luxuriösen Lage, dass ich meinen Arbeitsplatz selbst entwickelt habe. So etwas gab es damals noch nicht“, erzählt er. Wellershaus holte Berühmtheiten ins Studio und schnitt ihre Auftritte mit. „Das Radiokonzert“, das immer noch auf NDR 2 läuft, ist seine Erfindung.

Als ersten freien Mitarbeiter holte er sich den Anglistikstudenten und Musiker Peter Urban und den Rock-’n’-Roll-Experten Werner Voss. Später kam Ruben Jonas Schnell hinzu, der bis heute „Nachtclub“-Sendungen moderiert, aber vor fünf Jahren auch das Internetradio ByteFM gegründet hat. „Als Redakteur war Klaus immer offen für Abseitiges, interessiert an neuer, aufregender Musik. Uns Moderatoren hat er das Vertrauen entgegengebracht, selbst zu entscheiden, was gut und relevant ist. Klaus hat mir beigebracht, wie wichtig der Respekt vor der Musik ist“, so Schnell.

Noch heute sieht man Wellershaus auf Konzerten — inzwischen öfter in der Oper als in Clubs. Heute feiert er mit Familie und Freunden seinen 75. Geburtstag. Auf den Wellen des NDR ist seine unnachahmliche Stimme nicht mehr zu hören, doch im Bewusstsein vieler Hörer ist sie weiterhin präsent.