Das Drama „Just The Wind“ schildert der Filmregisseur Bence Fliegauf die Ängste der Roma in Ungarn

Sie liegen auf engstem Raum zusammen auf einer Matratze. Die Nähe zwischen Mutter, Sohn und Tochter gibt jedem etwas mehr Geborgenheit und Sicherheit. Daran fehlt es der Roma-Familie in Ungarn. Einen Tag zuvor ist eine andere Roma-Familie ganz in der Nähe nachts von rassistischen Mördern umgebracht worden. Die Angst geht um unter den Roma. Am nächsten Morgen müssen die Kinder Rió und Anna zur Schule, die Mutter Mari geht zu ihrem schlecht bezahlten Job als Müllsammlerin und später Putzkraft in eine Schule. Die Waldgegend, in der die Familie lebt, wirkt idyllisch, doch jedes Autogeräusch signalisiert eine Bedrohung, jedes Aufeinandertreffen mit anderen Menschen kann zur Gefahr werden. In den Gesichtern von Rió, Anna und Mari spiegelt sich die Angst.

„Just The Wind“ hat der ungarische Filmregisseur Bence Fliegauf seinen aufrüttelnden Film genannt. Doch dieser beruhigende Satz, den Eltern zu ihren Kindern sagen, wenn sie nachts wegen undefinierbarer Geräusche nicht einschlafen können, ist in Ungarn ohne Bedeutung, wenn man zu einer ausgegrenzten Volksgruppe gehört. Fliegauf erzählt in seinem Film eine fiktive Geschichte, die sich aber aus der jüngeren ungarischen Geschichte speist. Zwischen 2008 und 2009 gab es in Ungarn eine ganze Reihe von gewalttätigen Übergriffen auf Roma, in deren Verlauf sechs Menschen gestorben sind. Der Regisseur stellt keinen dieser Pogrome nach, sondern er fängt die Atmosphäre und den alltäglichen Rassismus ein, denen seine Protagonisten ausgesetzt sind. Eigentlich hätte er für seinen aktuellen zeitkritischen Film bei der Berlinale 2012 den Goldenen Bären bekommen müssen, immerhin wurde er dort mit Silber ausgezeichnet.

Fliegauf ist mit seiner Kamera immer dicht an seinen Figuren dran. Einen Tag und eine Nacht lang begleitet er sie. Er zeigt, wie die Mutter rassistische Kommentare eines Schulhausmeisters aushalten muss, er verfolgt den herumstromernden Rió, der ins Haus der überfallenen Familie eindringt und sich dort vor zwei Polizisten verstecken muss, er begleitet Anna, die in der Schule eines Computerdiebstahls verdächtigt wird. Alle drei träumen davon, bald dem Vater nach Kanada folgen zu können und der Armut und dem Rassismus zu entfliehen. Doch in der kommenden Nacht ist es nicht nur der Wind, der um das Haus streicht.

Bewertung: empfehlenswert

„Just The Wind“ HUN/F/D 2012, 98 Min., o.A., R: Benedek Fliegauf, Katalin Toldi, Gyöngyi Lendvai, Lajos Sárkány, täglich im 3001; www.peripherfilm.de