Dokumentation arbeitet den vor 20 Jahren missglückten Einsatz auf. Am 27. Juni 1993 starben auf dem Bahnhof im mecklenburgischen Bad Kleinen der RAF-Terrorist Wolfgang Grams und der Elitepolizist Michael Newrzella,

Hamburg. Die Geschichte der Grenzschutzgruppe (GSG) 9 der Bundespolizei wäre deutlich weniger belastet, hätte es den 27. Juni 1993 nicht gegeben. Am Nachmittag dieses Tages starben auf dem Bahnhof im mecklenburgischen Bad Kleinen der RAF-Terrorist Wolfgang Grams und der Elitepolizist Michael Newrzella, weil der geplante Zugriff eines GSG-9-Trupps auf Grams und dessen Komplizin Birgit Hogefeld misslang. Das anschließende Ermittlungschaos spülte nicht nur Generalbundesanwalt Alexander von Stahl und den Leiter des Bundeskriminalamtes (BKA), Hans-Ludwig Zachert, aus ihren Ämtern, sondern zwang auch Bundesinnenminister Rudolf Seiters zum Rücktritt.

In seiner 45-minütigen ARD-Dokumentation „Zugriff im Tunnel – Das tödliche Drama von Bad Kleinen“ hat der Investigativautor Egmont R. Koch die Ereignisse akribisch und anschaulich aufgearbeitet. Hochrangige BKA-Mitarbeiter, Angehörige des beteiligten GSG-9-Trupps, Politiker und Augenzeugen tragen mit ihren Aussagen bei zu einem Mosaik, in dem die Antwort auf die Schuldfrage der einzig fehlende Stein ist. Anhand von Computeranimationen ist es Rainer Hofmeyer, dem damaligen BKA-Abteilungspräsidenten, und Oberstaatsanwalt Gerrit Schwarz, der in Schwerin die Ermittlungen leitete, 20 Jahre später immerhin gelungen, den Hergang des Zugriffs zu rekonstruieren.

Ihr Urteil: Eine Verkettung unglücklicher Umstände habe Grams die Möglichkeit eröffnet, sich der Verhaftung zu entziehen. Koch beleuchtet in seinem Film jedoch nicht nur die Lücken in der GSG-9-Taktik, sondern auch die wenig schmeichelhafte Rolle der Medien. Diese hatten mit der Verbreitung des Gerüchts, Grams sei von Polizisten exekutiert worden, den Druck auf BKA und Politik wesentlich verstärkt. Auch die Verstrickung des V-Mannes Klaus Steinmetz, dessen Anwesenheit in Bad Kleinen vom Verfassungsschutz lange vertuscht worden war, in die Strukturen der RAF wird kritisch analysiert. Am Ende wird klar, dass die Tragik des Dramas nicht nur in dessen Durchführung, sondern vor allem in dessen Aufarbeitung gipfelte.

„Zugriff im Tunnel“ Mo 24.6., 23.30 Uhr, ARD