Das Café Knuth ist genau richtig für Fans von Gesund & Kalorien. Und Studenten

Was ist der Sehnsuchtsort gestresster Großstädter? Das El Dorado, ach warum so abgedroschen: das Mekka der Nascher und Süßigkeiten-Connaisseurs? Es ist – die Kuchenvitrine. Die steht in Kaffeehäusern, Cafés und Café-Bars meistens in der Nähe des Tresens. Der Süßkram ist jede Sünde wert, auch deswegen wird die Kuchenherrlichkeit in Glaskästen inszeniert. Schauen Sie her, kommen Sie näher, Früchte, Streusel, Sensationen, und hier haben wir den Superstar der Woche: Rhabarbertorte!

Die nehme ich. Und dazu ein Wasser. Muss nicht immer Kaffee sein, da mögen die futuristisch anmutenden und silbern glänzenden Bohnenpressen hinter dem im Übrigen opulent vertretenen Personal noch so verführerisch blinken. Der Kuchen kostet genau drei Euro, ist nicht zu viel und nicht zu wenig, er schmeckt vorzüglich. Die Bedienung (sehr nett!) mampft bei der Aufnahme der Bestellung noch etwas (Kuchen?), dann sagt sie „sehr gerne“ – ich bilde mir ein, dass Cafés auf ihren selbst gemachten Kuchen immer besonders stolz sind.

Das Café Knuth ist ein angesagter Ort in Ottensen und ein junger dazu. Hier fallen 23-Jährige, 29-Jährige, Schöne und Kluge ein und geben sich dem Müßiggang hin. Man könnte das Publikum studentisch nennen, allein schon deswegen, weil nur Studenten an einem herrlichen Frühsommertag um eins mittags Zeit haben, die Außenbestuhlung des Knuths komplett in Besitz zu nehmen. Drinnen ist aber auch genug Platz für milchschaumverschmierte Gläser. Milchschaumverschmierte Gläser sind mit die wichtigsten Insignien unserer königlich lattifizierten Zeit: Der Latte macchiato ist unter den Heißgetränken der King des flüssigen Zeitgeists. „Einmal ladde, bidde“, sagt einer zur Kellnerin. Wird prompt serviert.

Ansonsten überrascht einen nichts wirklich an diesem angenehmen Ort, weil auch die Cafés der Gegenwart irgendwie konfektioniert sind: Der Latte macchiato kostet knapp drei Euro, das Frühstück unter zehn, in der Minivariante auch nur 5,20 Euro („Käsefrühstück“, „Vitalfrühstück“). Es gibt Caesar’s Salad und verschiedene Suppen, das Brot ist glutenfrei, was will der gesundheitsbewusste Hamburger mehr? Gerade die Ottenser sind doch gesundheitsbewusst, oder? Ich glaube, dergleichen gehört zu haben.

Das Knuth ist architekturmäßig sehr bauhausig: keine Schnörkel, pure Funktion. Metall und Holz, das im Sommer und bei Sonne sehr hell daherkommt. Im Winter ist es hier nicht open-air-durchflutet, sondern sehr gemütlich. Laut ist es immer. Ein ewiges Geschnatter hier, denn wo gegessen und getrunken wird, da wird auch gesprochen. Das ist drin in unsrer DNA, das hat die Natur so eingerichtet. Umso besser, dass man gerade deswegen in Läden wie dem Knuth auch abschalten kann: Einfach Zeitung lesen und die anderen schnacken lassen.

Café Knuth Große Rainstraße 21 (Bus 15), Mo–Sa 9.00–1.00, So 10.00–1.00