Statt der ZDF-„heute-show“ präsentieren Moderator Oliver Welke und Dietmar Wischmeyer im Schmidt Theater ihr satirisches Buch

Schmidt. Ein freier Freitagabend ist wirklich etwas Feines — wenn auch für Medienleute alles andere als die Regel. Oliver Welke weiß das. Seine Arbeit wird erst am späten Freitag sichtbar. Seit vier Jahren ist er das Gesicht der ZDF-„heute-show“, die im Durchschnitt gut drei Millionen Menschen schauen. Und bei der sich Politiker gern mal fragen: „Bin ich schon drin?“

Am vergangenen Freitag jedoch war auch Welke in der Zuschauerrolle: Er sah sich im ZDF die erste Folge der Impro-Comedy „Durchgedreht!“ an, „sehr entspannt und mit großem Interesse“. Denn die „heute-show“, hierzulande längst Markenzeichen für freche und meist intelligente Unterhaltung, kehrt erst am 6. September auf den Bildschirm zurück. „Ich erledige jetzt Sachen, die normalerweise im ,heute-show‘-Rhythmus liegen bleiben“, erzählt Welke. Vergangene Woche etwa war der Moderator Gast in der Uni von Oxford, die Gesellschaft deutscher Studenten hatte ihn zu einem Podiumsgespräch eingeladen. Vier deutsche Comedypreise für die Nachrichtensatire, der Grimme-Preis und im Vorjahr — für Welke „wirklich ein Teampreis“ — der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus strahlen eben auch über die Landesgrenzen hinaus.

Vermisst er die aufsässigen Alten Gernot Hassknecht alias Hans-Joachim Heist und Ulrich von Heesen (Dietrich Hollinderbäumer) nicht schon nach einer Woche? „So weit ist es noch nicht“, sagt der Wahlbonner lächelnd. Im Moment habe er das, was ihn zu Beginn der Sommerpause häufig befällt: „Dass ich Zeitung lese und die ganze Zeit anfange, die Themen zu scannen auf Verwertbarkeit. Bis ich mir selber sage: ,Komm runter, du musst das gar nicht!‘“

Normalerweise fordert die „heute-show“ fast eine Woche lang den ganzen (Medien-)Mann. Bereits am Dienstag trifft sich Welke mit Hauptautor Morten Kühne, weiteren Autoren und den Grafikern in Köln-Mülheim zur „entscheidenden Konferenz“. „Dann geht es nicht mehr nur um die Frage, was interessiert uns journalistisch an den Themen oder warum haben sie Gesprächswert. Dann geht es konkret darum, wie wird es witzig“, erläutert Welke. Am Mittwoch schreiben Kühne und Welke selbst die sogenannten Reporterschalten, die Autoren ihre Themenstrecken. Am Donnerstag wird gegen Abend ein fertiges Buch daraus, das Sendebuch, geschrieben von Kühne und Welke. Acht- bis zehnmal pro Jahr klingt sich Welke für Übertragungen der Champions League am Mittwoch aus.

Seit gut einem Jahr überträgt das ZDF die millionenschwere Fußball-Königsklasse. Seit 2012 spielt sich Welke in der „heute-show“ auch mit einem Haudegen der deutschen Satire-Liga die Bälle zu: Dietmar Wischmeyer. Für Welke „eine super Konstellation, weil sich damit auch ein Kreis schließt“. Wischmeyer, Erfinder des legendären „Frühstyxradios“ beim privaten Rundfunksender ffn und eher ein Eigenbrötler, war vor gut 20 Jahren Welkes Chef in der dortigen Comedy-Redaktion.

Zunächst hatte sich Wischmeyer mit dem Format „History ohne Prof. Dr. Guido Knopp“ in der „heute-show“ eingeführt. Jetzt schreibt der Satiriker sein „Logbuch der Bekloppten und Bescheuerten“ — jüngstes Opfer: Katrin Göring-Eckardt von Bündnis 90/Die Grünen — auch als Video und pointierte Urlaubsvertretung im Internet fort. Getextet hatten der alte und der neue Chef (Welke) bereits in der vorigen Sommerpause — für ein gemeinsames Buch mit dem skurrilen Titel „Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk“ (Rowohlt Berlin).

„Wir haben uns zweimal getroffen und sind eine Namensliste durchgegangen: Welche Prominenten machen Spaß, welche bringen uns satirisches Futter, wenn wir die porträtieren oder uns ein Privatleben für die ausdenken?“, erzählt Welke. „Das Erstaunliche ist, dass uns die Aktualität in fast keinem Fall so richtig überholt hat. Selbst bei den Wulffs war, als wir das schrieben, schon abzusehen, dass das endlich ist für das Paar“, sagt Welke.

Da viele der 77 Satireopfer, vom titelgebenden Ver.di-Chef Bsirske über Schauspieler Til Schweiger („Keinohrtatort“) bis zum twitternden Umweltminister Peter Altmaier („Der schwarze Pirat“) im Wahljahr 2013 immer wieder Schlagzeilen machen, absolvieren Welke und Wischmeyer eine Lesetour, die sie für zwei Abende auch ins Schmidt Theater führt. Bei der kommentierten Lesung sind zudem Einspieler aus der „heute-show“ zu sehen, etwa Entwicklungsminister Dirk Niebels Premierentour im „Wahlkampf-Bussi“.

Auch Welke fährt weiter multimedial. Den Comedian, bereits an den Edgar-Wallace-Parodien „Der WiXXer“ und „Neues vom WiXXer“ beteiligt, hat sein Studienfreund Oliver Kalkofe auch für „Triple WiXX“ engagiert. Die Kinofilm-Dreharbeiten, Arbeitstitel: „Mönche mögen’s heiß“, beginnen im Frühjahr 2014. Mit Welke in einer Nebenrolle. „Ich habe im Gegensatz zu Herrn Kalkofe meine schauspielerischen Limitierungen erkannt“, bemerkt Welke. Ein Schuss Selbstironie hat schließlich noch keiner Fernsehnase geschadet.

Und darüber, wie man(n) mit solch einer Kopfform wie seiner Fernsehkarriere machen kann, denke er „schon lange nicht mehr nach“, sagt Welke. „Ich nehme es dankend hin.“

„Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk“ Mo 17./ Di 18.6., jew. 20.00 Schmidt (U St. Pauli), Spielbudenpl. 24, Restkarten ab 18,50 unter T. 31 77 88 99