Die Hamburger Camerata verabschiedet die Saison mit einer wahrlich „Virtuosen Serenade“

Hamburg. Es ist doch immer wieder schade, dass die Konzertveranstalter sich nicht ein bisschen mehr absprechen. Sonst hätte es sich vermeiden lassen, dass am selben Abend zwei Kammerorchester am selben Ort, nämlich in der Laeiszhalle, zwei reine Streicherprogramme geben (siehe auch die Kritik auf Seite 17).

Im Großen Saal bat die Hamburger Camerata zu ihrem traditionellen sommerlichen Kehraus, diesmal treffend „Virtuose Serenade“ überschrieben. Der junge Geiger Albrecht Menzel, als Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben glücklicher Besitzer einer klanglich brillanten, wendigen Stradivari, stürzte sich furcht- und makellos in Doppelgriffe, Läufe und Kunststückchen wie das Wechselspiel zwischen Bogenattacken und Fingerpizzicato, das immer so schön viel Eindruck macht. Pablo Sarasates berühmte „Zigeunerweisen“ gestaltete er vollendet souverän und süffig und sah auch noch aus wie ein blonder Paganini mit seinen endlosen Gliedmaßen und der scharfkantigen Nase. Ganz so diabolisch, wie man es sich vom Original erzählt, wirkte Menzels Spiel freilich nicht, dafür fehlte ein Quäntchen Besessenheit. Und die Camerata unter Chefdirigent Simon Gaudenz blieb dem Solisten nicht immer haarfein auf den Fersen.

Für John Coriglianos Fiddlermusik „Stomp“ aus dem Jahre 2010 nahm Menzel, solissimo, eine andere Geige. Das Stück fordert nämlich zwei umgestimmte Saiten – und Fußstampfen, eine Disziplin, die nicht unbedingt zum klassischen Leistungskanon eines Geigers gehört. Drei Schmankerl von Fritz Kreisler schließlich adelte Menzel mit seinem beredten Ton zu mal tiefsinnigen und mal augenzwinkernden Miniaturen voller Schmelz. Funkelnd und leichtfüßig kam sie daher, diese Anleihe bei der leichten Muse.

Und so ging es nach der Pause weiter. Gaudenz polierte Tschaikowskys Streicherserenade wie einen Edelstein, so hell und klar leuchteten die Farben, so deutlich zeichneten Artikulation und Phrasierung. Die Musiker ließen den Klang frei atmen und differenzierten die Piano-Nuancen. Die winzigen Intonationsunebenheiten in den hohen Läufen der ersten Geigen waren zu verschmerzen. Ein bisschen mehr hätte die Musik freilich ins Tschaikowsky-Gefühlige kippen dürfen. Doch war sie in aller kühlen Eleganz ein wunderbarer Saison-Rausschmeißer.

Und sonst? War da noch was? Ach ja, der Anfang. Da gab’s eine Streicherserenade des Schweden Dag Wirén, Neoklassizismus par excellence. Konnte man hören, tat nicht weh. Nur: Ein Wirén ist eben kein Prokofjew.