Lead-Academy-Präsident Markus Peichl spricht mit dem Abendblatt über den neuen Publikumspreis der Lead Awards, deren Finanzierung und die Unterstützung durch die Stadt.

Hamburg. Die Lead Awards sind der wohl wichtigste Zeitschriftenpreis der Branche. Seit 16 Jahren werden sie von der Lead Academy in Hamburg verliehen. Neuerdings jedoch haben sie in der Hansestadt Konkurrenz von dem Festival des Art Directors Club für Deutschland (ADC) bekommen. Der hauptsächlich von Werbern getragene Verein zeichnet neben Werbung auch Zeitschriften aus. Es gibt, wie auch bei den Lead Awards, eine Ausstellung und ein Symposium. Das erste Hamburger ADC-Festival ging im Mai über die Bühne. Das Abendblatt sprach mit Lead-Academy-Präsident Markus Peichl über den neuen Wettbewerber, die Pläne für die diesjährigen Lead Awards und die neuen Trends in der Fotografie und auf dem Zeitschriftenmarkt.

Abendblatt: Herr Peichl, muss man sich Sorgen um die Lead Awards machen?
Markus Peichl: Nein, warum sollte man?

Zuletzt fanden die Lead Awards im Juni statt. Der Monat ist bereits weit fortgeschritten, aber noch immer sind keine Einladungen zur diesjährigen Verleihung verschickt worden.
Peichl: Wir haben die Preisverleihung für drei Jahre auf September verlegt. Der Grund dafür ist, dass der ADC mit seiner Preisverleihung in diesem Jahr von Frankfurt nach Hamburg umgezogen ist, fix terminiert für Ende Mai. Wären wir auf unserem angestammten Juni-Termin geblieben, hätte es innerhalb von nur zwei Wochen in ein und derselben Stadt die beiden größten deutschen Kreativveranstaltungen gegeben. Das hätte keinen Sinn gemacht. Lead Awards und ADC richten sich bei allen Unterschieden ans selbe Publikum. Die Folge wäre eine Kannibalisierung beider Veranstaltungen gewesen. Auch wenn wir die Situation nicht verursacht haben, wollten wir eine vernünftige Lösung finden. Durch unser Ausweichen auf September hat Hamburg jetzt zwei attraktive Kreativevents, die sich nicht in die Quere kommen: den ADC im Frühjahr, die Lead Awards im Herbst.

Sie haben die Überschneidungen mit dem ADC-Festival angesprochen. Bei der Werberveranstaltung werden auch Zeitschriften ausgezeichnet. Umgekehrt zeichnen Sie auch Werbung aus. So groß ist der Unterschied zwischen ADC-Festival und Lead Awards offenbar nicht.
Peichl: Oh doch. Beim ADC müssen Sie Arbeiten einreichen. Dabei wird eine Einreichungsgebühr fällig. Bei den Lead Awards gibt es weder das eine noch das andere. Die Jury durchsucht bei uns 400 Zeitschriften und 300 bis 400 Websites nach preiswürdigen Arbeiten. Die Zahl der Arbeiten, die wir bewerten, ist folglich weitaus größer als beim ADC. Ein weiterer Unterschied ist, dass es bei uns eine vorab feststehende Zahl von Auszeichnungen gibt. Beim ADC ist das nicht so. Da kann es mal 15 goldene Nägel in einer Kategorie geben oder auch mal gar keinen. Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Beim ADC werden aus einer beschränkten Menge von Arbeiten unbeschränkt viele Preisträger ausgewählt. Bei uns ist es genau umgekehrt: Wir schauen uns alles an und vergeben nur eine begrenzte, exklusive Zahl von Preisen.

Es gab in der Vergangenheit Probleme bei der Finanzierung der Lead Awards.
Peichl: Das stimmt nicht. Wir hatten nur einmal, nämlich im Krisenjahr 2008, Probleme. So wie alle damals. Sie erinnern sich, dass in dieser schweren Finanzkrise sogar die Goldene Kamera des Springer Verlags ausfiel. Bei uns ist seinerzeit „Der Spiegel“ als langjähriger Hauptsponsor Knall auf Fall ausgestiegen. Das war natürlich eine extrem schwierige Situation. Trotzdem haben wir es geschafft, dass die Lead Awards auch damals stattgefunden haben. Darauf sind wir als unabhängige Preisverleihung bis heute stolz.

Welche Rolle spielt die Stadt bei der Finanzierung, die ja bekanntlich das ADC-Festival mit 150.000 Euro unterstützt?
Peichl: Die Stadt hat sich in den letzten Jahren stärker bei den Lead Awards engagiert, was vor allem dem Senat unter Olaf Scholz zu verdanken ist. Wir bekommen allerdings weniger Geld als der ADC. Trotzdem haben wir keinen Grund, uns zu beschweren. Als ADC-Mitglied weiß ich, dass der ADC eine kostenintensive Veranstaltung ist, die eben viel Geld benötigt. Die Lead Awards sind dagegen sehr kosteneffizient, und kommen auch mit weniger klar.

Es ist sehr interessant, dass es bei der Reportagefotografie, bei der Architektur-, Landschafts- und Stillfotografie so gute Arbeiten gibt wie schon lange nicht mehr. Angesichts der finanziellen Lage der Medienbranche war das nicht zu erwarten. Dagegen lässt die Mode- und Lifestylefotografie sehr zu wünschen übrig. Sehr bemerkenswert ist auch, dass es so viele Magazinneuerscheinungen gibt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Dabei handelt es sich durchweg um sehr, sehr kleine Titel, die sich auch sehr speziellen Themen widmen. Aber sie haben alle ein sehr hohes Niveau. Das zeigt mehr denn je, dass der Zeitschriftenmarkt sich heute stark an Boutiquemodellen orientiert und dass Warenhausmodelle zunehmend zurückgedrängt werden.

Die Lead Awards bestehen aber nicht nur aus einer Preisverleihung, sondern auch aus einer Ausstellung und einem Symposium. Wird das auch in diesem Jahr so sein?
Peichl: Selbstverständlich. Die Ausstellung läuft wie in den Vorjahren im Haus der Fotografie in der Südhalle der Deichtorhallen. Sie beginnt in diesem Jahr bereits am 27. Juli. In den ersten fünf Wochen wird natürlich nicht zu erkennen sein, welche Arbeiten Auszeichnungen gewonnen haben. Wir nutzen diesen Vorlauf, um in den Dialog mit den Besuchern zu treten. Jeder von ihnen kann darüber abstimmen, welche Arbeiten er für die besten hält. Auf Basis dieser Abstimmung wird es zusätzlich zur Entscheidung der Jury auch einen Publikumspreis geben. Mittlerweile ist die Ausstellung, die dann noch bis zum 14. Oktober laufen wird, für die Lead Awards schon fast wichtiger als die Preisverleihung. Innerhalb von zehn Wochen wird sie von bis zu 30.000 Menschen besucht. Das ist übrigens auch ein wichtiger Unterschied zur Ausstellung des ADC, die nur drei Tage geöffnet ist.

Was ist für das Symposium geplant?
Peichl: Im vergangenen Jahr haben wir anlässlich unseres Jubiläums eine Bestandsaufnahme gemacht und darüber gesprochen, was sich in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland in puncto visueller Gestaltung getan hat. Der Blick ging nach innen. Diesmal geht der Blick nach außen. Wir haben vor allem internationale Referenten eingeladen und werden in die USA, nach England, aber auch nach Asien schauen. Auch in diesem Jahr findet das Symposium am Tag der Preisverleihung statt, nämlich am 13. September 2013.

In der Vergangenheit haben Sie immer mal wieder erwogen, mit den Lead Awards Hamburg zu verlassen.
Peichl: Solche Pläne gibt es nicht. Ich verhehle aber nicht, dass die Terminkollision mit dem ADC bei uns für eine kurzfristige Irritation gesorgt hat. Aber wir haben das mit unserem neuen September-Termin vom Tisch bekommen. Was wir in drei Jahren machen, wenn der ADC womöglich wieder in eine andere Stadt zieht, werden wir sehen.