Hamburg. Die Eintrittskarte in die Stimmkartenbox oder ein paar Euro in die Spendenbox? Die Zuschauer hatten an den Ausgängen der Komödie Winterhuder Fährhaus die Qual der Wahl. Fast zwei Stunden lang waren sie Zeugen einer Gala — zumindest einer Probe. Sie bildet den Rahmen von Ingrid Lausunds Stück um fünf Schauspieler und das Thema Wohltätigkeit.

„Benefiz. Jeder rettet einen Afrikaner“ war — nach „Oleanna“ in der Kategorie Drama — der zweite Beitrag des Wolfgang Borchert Theaters Münster bei den 2. Hamburger Privattheatertagen. Die Inszenierung Tanja Weidners liegt in der Kategorie Komödie sowohl mit ihren drei Mitbewerbern als auch mit Ingrid Lausunds Urfassung gut im Rennen, wie der lang anhaltende, teils sogar begeisterte Schlussapplaus zeigte. 2010 hatte Lausund in den Kammerspielen mit ihrer Satire auf die Ungerechtigkeit und das Gutmenschentum Hamburg-Premiere gefeiert.

Die Münsteraner Fassung lebt auch von aktuellen Spitzen. „Ich habe gerade mit Markus Lanz gesprochen“, sagt eine Aktrice zu Beginn. „Es war ein sehr nettes Gespräch, er soll sich die schlechten Kritiken nicht so zu Herzen nehmen.“ Als Spendenpromi lehnen ihn alle fünf ab, geraten sich im Laufe der „Benefiz“-Show jedoch immer wieder unbarmherzig in die Haare. Anuk Ens, in Hamburg aus dem Schauspielhaus und dem Ernst Deutsch Theater bekannt, will als Diva das Wort führen, droht aber ebenso an der Political Correctness zu scheitern wie die von Saskia Boden toll verkörperte Betroffenheitstussi („Ich find’s schlimm, ganz schlimm“). Wie nur das Wort „Hungerkatastrophe“ richtig aussprechen? Der „Bibel-Fuzzie“ (Jürgen Lorenzen) erhält für seine moralische Rede großen Applaus. Aber reicht das?

Nach der Vorstellung steckten einige Karten und Scheine in die Boxen. Das Theater sammelte tatsächlich für ein Brunnenprojekt in Kenia.