Eine Betrachtung von Birgit Reuther

Neulich südlich der Elbe mit Blick auf die HafenCity: „Was ist das denn da?“, fragt ein Mädchen auf dem Fahrrad seine Mutter. Antwort des durch die Sonne radelnden Elternteils: „Ach das, das ist ein neues Wahrzeichen.“ Und wer dieses kurze Gespräch zufällig belauschte, meinte eine gewisse Gleichgültigkeit nicht überhören zu können. Wie unwichtig das protzige Glitzern der Elbphilharmonie-Baustelle an einem Tag wie diesem ist, dachte man bei sich. Denn die Stadt war am Wochenende voller Musik, die keine großen Konzertsäle brauchte.

In Ottensen stellte sich das Theater Playstation einfach auf den Spritzenplatz und spielte auf Wunsch der zahlreichen verweilenden Zuschauer Hits vom „Folsom Prison Blues“ bis zu „La Paloma“. Die Altonale, die diese lebende Jukebox eingeladen hatte, ist Kultur aus dem und für den Stadtteil, ebenso wie die parallel ablaufende Aktion 48h Wilhelmsburg. Und auch auf der Elbinsel klang und sang es, wo die Künstler aus dem Viertel wollten. Sei es Reggae auf dem Stübenplatz, Swing im Hinterhof oder Experimentelles vor den Toren der Zinnwerke, die nach dem Gängeviertel zu einem ganz eigenen Wahrzeichen der Stadtentwicklung werden könnten. Nicht zu vergessen das Daughterville-Festival mit Hip-Hop und Rock, das Jugendliche erstmals selbst organisiert hatten und das mit 700 jungen Gästen ein voller Erfolg war. Wenn die Stadt aus sich heraus so wunderbar funkelt, wer denkt da schon an Leuchttürme?