Die Hamburgische Kulturstiftung feiert heute ihren 25. Geburtstag. Geschäftsführerin Gesa Engelschall spricht mit dem Abendblatt über die Herausforderungen der Akquise.

Hamburg. Im Museum für Hamburgische Geschichte wird am heutigen Dienstag Geburtstag gefeiert: Ein Vierteljahrhundert wird die Hamburgische Kulturstiftung in diesem Jahr. Das klingt, jedenfalls wenn man es so aufschreibt, ziemlich alt, in Wirklichkeit ist man mit 25 natürlich noch ein junger Hüpfer. Flexibel, aktiv, ambitioniert. Idealistisch, aber nicht mehr grün hinter den Ohren. Kreativ, voller Tatendrang und Ideen. So wie die Kulturstiftung und ihre Vorsitzende Gesa Engelschall, die unermüdlich um Spenden für die Kultur der Stadt wirbt, mit einem Schwerpunkt auf Kinder- und Jugendkultur sowie die junge Kunstszene.

Hamburger Abendblatt: Als die Kulturstiftung 2008 ihren 20. Geburtstag feierte, konnten Sie die stolze Summe von 944.000 Euro einwerben. Knacken Sie zum 25. die Millionengrenze oder ist der Förderwillen solventer Bürger in diesen Zeiten schwieriger zu aktivieren?
Gesa Engelschall: Letztes Jahr sind wir über die Million gekommen, weil wir – wie 2008 erstmals – eine große Kunst-Auktion hatten. Ob wir die Summe in diesem Jahr noch einmal schaffen, tja, das müssen wir sehen. So eine hochkarätige Versteigerung können wir ja nur alle drei bis vier Jahre machen, da wir dafür bekannte Künstler wie Daniel Richter oder Jonathan Meese ansprechen – und die werden natürlich ständig von allen Seiten für so etwas angefragt…

Wie erklären Sie jemandem, der mit Ihnen bislang keine Berührung hatte, kurz und knackig, wofür das an Stiftungen und Mäzenen nicht arme Hamburg die Kulturstiftung eigentlich braucht?
Engelschall: Wir sind in Hamburg einzigartig, weil wir – anders als etwa die Körber-Stiftung, die Zeit-Stiftung oder die Töpfer-Stiftung, die herausragende Projekte selbst initiieren – die Wagnisse und Ideen der lokalen Künstler unterstützen. Wir agieren an der Schnittstelle zwischen Künstlern und Förderern, vermitteln also ständig zwischen Kunst und Wirtschaft. Deshalb sind wir gerade für junge Künstler und die freie Szene, die noch nicht so gut vernetzt ist, unentbehrlich. Außerdem sind wir eine Stiftung mit wenig Kapital, Fundraising spielt bei uns eine wichtige Rolle. Einen Großteil der Spenden müssen wir erst akquirieren. Der Bedarf ist deutlich gestiegen: Als ich 2007 zur Stiftung kam, erhielten wir 120 Anträge im Jahr, mittlerweile sind es 300.

Woran liegt das? Künstler waren doch eigentlich schon immer bedürftig.
Engelschall: Zum einen sicher auch daran, dass wir bekannter geworden sind. Aber vor allem der Bedarf hat sich natürlich durch die Finanzkrise erhöht, die uns 2008 ja auch erstmals heftig erwischt hat. Alle haben weniger Geld zur Verfügung. Es gelingt uns trotzdem, seit 2008 mit rund 800.000 Euro im Jahr zu fördern.

Durch die Finanzkrise sind ja vermutlich besonders solvente Mäzene auch besonders betroffen, was Auswirkungen auf ihr Spendenverhalten haben dürfte. Wie stark merken Sie das?
Engelschall: Es ist schwieriger geworden. Wir müssen immer mehr dafür arbeiten, um die gleiche Summe an Spenden zu akquirieren. Menschen, die großzügig mit uns waren, sagen, sie möchten jetzt mal eine Pause einlegen. Wird bei den nächsten Wahlen die Vermögenssteuer eingeführt, haben mir Großspender schon signalisiert, dass sie uns dann nicht mehr so großzügig unter die Arme greifen können.

Für Ihren Job braucht man vermutlich ein gewisses Nervensägepotenzial …
Engelschall: Ich möchte nicht, dass jemand die Straßenseite wechselt, wenn ich komme. (lacht) Es fällt mir aber nicht schwer, für die junge Kunstszene und für Kinder- und Jugendkultur in sozialen Brennpunkten auf Firmen und Privatpersonen zuzugehen und sie für unsere Projekte zu begeistern. Und es ist nicht nur anstrengend, es macht Spaß, Menschen dafür zu sensibilisieren. Kultur ist unabdingbar, kein Sahnehäubchen. Unser Freundeskreis hat ja auch richtig etwas davon: Wir organisieren Führungen, zum Beispiel mit Hubertus Gaßner durch die Kunsthalle, wir schauen hinter die Kulissen, die Mitglieder bekommen richtig etwas mit. Und wir haben ja nicht nur unsere Benefizabende, wir veranstalten auch „Villengespräche“, für die uns Hamburger ihre Wohnzimmer öffnen. Gemeinsam laden wir Gäste zu einem Abend mit einer spannenden Persönlichkeit aus Kultur oder Wirtschaft ein. Dadurch lernen wir immer neue Freunde kennen. Das ist sehr wertvoll.

Hamburg ist ja doch eher übersichtlich, hat man da nicht irgendwann mal jeden Millionär zum Villengespräch oder zum Benefizdinner geladen?
Engelschall: Ich würde sagen, in dem Altersbereich 50 bis 70 bin ich richtig gut vernetzt, aber es kommen ja neue Leute nach, die 35- bis 50-Jährigen kenne ich nicht alle. Da sind natürlich auch viele Kunstinteressierte dabei.

Welche Aktionen plant die Hamburgische Kulturstiftung zum Jubiläum?
Engelschall: Vor allem unser Spenden-Doppel. Wir suchen 25 Spender, die mit je 5000 Euro ein ausgewähltes Projekt unterstützen. Die Stiftung gibt noch einmal 5000 Euro dazu. Wir möchten die 25 Projekte also mit insgesamt 250.000 Euro fördern. Das wird eine bunte Mischung, darunter die „Urban String“-Konzerte des Ensembles Resonanz im Schanzenviertel, die Klangstrolche, der Harburger Kunstverein oder das Flüchtlingsprojekt Hajusom. Wir wollen die junge Kunstszene an unserem Geburtstag teilhaben lassen.