Der “Tagesthemen“-Moderator setzt sich bereits im ersten Wahlgang klar durch. Bei der Wahl erhielt Buhrow bereits im ersten Wahlgang 41 Stimmen der 47 anwesenden Rundfunkräte.

Hamburg. Der Favorit hat sich durchgesetzt – und wie: Bei der Wahl des neuen Intendanten des Westdeutschen Rundfunks (WDR) erhielt „Tagesthemen“-Moderator Tom Buhrow bereits im ersten Wahlgang 41 Stimmen der 47 anwesenden Rundfunkräte. Seine Kontrahenten, Radio-Bremen-Intendant Jan Metzger und der Direktor der Europäischen Rundfunkunion (EBU), Stefan Kürten, kamen nur auf vier beziehungsweise zwei Stimmen. Ein so großer Vorsprung Buhrows war dann doch nicht zu erwarten.

Ganz offensichtlich übte der Rundfunkrat den Schulterschluss angesichts der massiven Kritik, die innerhalb und außerhalb des Senders an der Auswahl der von ihm eingesetzten Findungskommission geübt wurde. In Branchenkreisen gilt nämlich keiner der drei Kandidaten als sonderlich geeignet, den mit 4000 Mitarbeitern und einem Jahresetat von 1,4 Milliarden Euro größten ARD-Sender zu führen. Buhrow hat immerhin Stallgeruch. Nach seinem Studium fing er 1985 als Volontär beim WDR an. Er arbeitete für den Sender als Redakteur, Reporter und Korrespondent, berichtete für ihn aus Paris und Washington. Erst 2006 verließ er den WDR, um zu den „Tagesthemen“ nach Hamburg zu gehen.

Buhrow bringe für die neue Aufgabe „hervorragende Fähigkeiten in der Kommunikation zur Vermittlung des öffentlich-rechtlichen Auftrags mit“, sagte die Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, Ruth Hieronymi. Es ist kein Zufall, dass die CDU-Politikerin gerade diese Qualifikation des neuen Intendanten betont. Denn Kommunikation war eine der großen Schwächen seiner Vorgängerin Monika Piel. Sie mauerte sich mit ihren Getreuen geradezu ein. Da ist das Kommunikationstalent Buhrow aus anderem Holz geschnitzt. Seine kommunikativen Fähigkeiten werden auch außerhalb der ARD geschätzt. So entlohnte ihn die Sektkellerei Henkell für ein Gespräch mit dem SPD-Politiker Kurt Beck mit mehr als 10.000 Euro. Für einen Auftritt beim wegen der Finanzkrise abgesagten „Kapitalmarkt Forum“ der Deutschen Bank sollte Buhrow 20.000 Euro kassieren. Enthüllt wurden diese Nebentätigkeiten 2009 vom NDR-Medienmagazin „Zapp“. Dass nach Ansicht von Findungskommission und Rundfunkrat die Nebenverdienst-Affäre verjährt ist, lässt sich nachvollziehen. Warum sich aber ein Sender für einen Kandidaten entscheidet, der über praktisch keine Führungserfahrung verfügt, ist schwer nachzuvollziehen.

Man muss keineswegs der Ansicht sein, dass nur Verwaltungsfachleute einen Sender von der Größe des WDR führen können. Das können auch Journalisten, wie die ehemaligen WDR-Intendanten Friedrich Nowottny und Fritz Pleitgen zeigten. Aber sie hatten schon Erfahrungen als stellvertretender Chefredakteur beziehungsweise Chefredakteur. Buhrow verhehlt nicht, dass er nie ein großes Unternehmen geleitet hat. „Das sagt aber auch etwas darüber aus, wen der Rundfunkrat bei dieser Wahl gesucht hat“, sagte er nach der Wahl. Als Intendant wolle er auf Augenhöhe kommunizieren und „nach innen und außen zum Anfassen sein“. Die größte Herausforderung für den WDR und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei der durch das Internet angestoßene Medienwandel. „Der WDR hat eine ganz besondere Chance, weil er schon digital ist“, sagte Buhrow. Entscheidend sei, wie man ein Produkt an die Leute bekomme. Die neue Sendung „Tagesschaum“ mit Friedrich Küppersbusch, die im Netz und erst danach im TV zu sehen ist, sei ein gutes Beispiel.

Buhrow wird auch deshalb unter besonderer Beobachtung stehen, weil nach Ansicht nicht weniger Branchenkenner die Findungskommission auf geeignetere Kandidaten hätte stoßen können. Häufig wird in diesem Zusammenhang der Name von WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn genannt. Für den Job hätten aber auch Arte-Vizepräsident Gottfried Langenstein, ZDF-Chefredakteur Peter Frey oder die Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks, Bettina Reitz, infrage kommen können. Doch das Auswahlverfahren machte es qualifizierten Kandidaten nicht gerade leicht.

Für gute externe Kandidaten war hingegen das Risiko zu groß, aus einem Verfahren beschädigt herauszugehen, in dem sie sich mit zwei Konkurrenten unter Anteilnahme der Öffentlichkeit Findungskommission und Rundfunkrat hätten stellen müssen. Schließlich sickerte auch noch durch, dass der eigentliche Favorit des Rundfunkrats NDR-Intendant Lutz Marmor war, der der Findungskommission aber einen Korb gab. Der neue WDR-Intendant muss also damit klarkommen, nur zweite Wahl zu sein – wenn nicht gar dritte, denn auch „Zeit“-Chef Giovanni di Lorenzo sagte den Kölnern ab.